Walter Spielmann ist dem Tod und der Krankheit begegnet. Nicht einmal, sondern immer wieder. In der Familie und in der Arbeit. „Diese Erfahrungen sind nicht nur belastend. Sie haben auch eine bereichernde Dimension“, sagt der Salzburger. Sein Wissen setzt er heute im Salzburger Tageshospiz ein – für Menschen, die in ihrer letzten Lebensphase Zuspruch brauchen. Oder einfach jemanden zum gemeinsamen Schweigen.
Ehrenamtlich im Tageshospiz
„Wenn ich hier bin, ist es wie im Paradies!“
Über derartiges Feedback darf sich Walter Spielmann freuen, wenn er zweimal im Monat ehrenamtlich im Tageshospiz arbeitet. Eine Krebspatientin hat diesen Satz zu ihm gesagt, als die beiden vor ein paar Wochen Zeit in der Einrichtung im Salzburger Stadtteil Kleingmain verbrachten. Helle Räume und etliche Rückzugsmöglichkeiten kennzeichnen das Haus, in dem Hoffnung und Hoffnungslosigkeit ein und aus gehen. Frauen und Männer mit schweren, finalen Erkrankungen (oftmals handelt es sich um Krebs) kommen hierher, während ihre Angehörigen für ein paar Stunden entlastet sind. Die Pflege übernehmen dann Profis; für Unterhaltung und Abwechslung sorgen Freiwillige. Wie Spielmann beispielsweise. Dann wird etwa gefrühstückt, diskutiert, Mittagessen gekocht und Karten gespielt.
170 Einheiten absolviert, um Menschen beizustehen
Supervision ist für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein fester Baustein ihrer Tätigkeit. Das gilt für die Geschäftsführung ebenso wie für Angestellte und Ehrenamtliche. Hier entsteht nämlich genau das Vertrauen, das wir für unsere Arbeit brauchen.
In Sachen Aus- und Weiterbildung hat der Salzburger, der in Kanada geboren wurde, über die Jahre jede Menge Erfahrung gesammelt. Der studierte Historiker und Germanist hat von 1994 bis 2016 jene Bibliothek und Stiftung geleitet, die den Namen des Zukunftsforschers Robert Jungk tragen. Kommunikation und Austausch sind Walter Spielmann ein unbedingtes Anliegen. Er selbst beschreibt sich als „neugierig und optimistisch“; Charaktereigenschaften, die im Tageshospiz gefragt sind. Beim Hospiztag, eine Veranstaltung welche in Kooperation mit St. Virgil Salzburg stattfindet, hörte er zum ersten Mal von der Ausbildung, die ihn mit todkranken Menschen zusammenbringt. „Von der fröhlichen, entspannten und aufmerksamen Stimmung bei der Präsentation war ich sofort begeistert. Die Vorträge haben mich so bewegt, dass ich mich entschlossen habe, den Lehrgang für Lebens-, Sterbe- und Trauerbegleitung der Hospiz-Bewegung Salzburg zu absolvieren“, sagt Spielmann und bezeichnet diesen Schritt als „echte Bereicherung – egal, ob man später in der Hospizbewegung tätig sein will oder nicht“.
Mehr als 170 Einheiten zu je 45 Minuten und ein Praktikum im Seniorenheim in Großgmain umfasste Spielmanns Ausbildung 2018 und 2019, die ihn ebenso forderte, wie sie ihm Freude bereitete. Das Fundament trägt vier Säulen: Bei der Selbsterfahrung geht es um die Beweggründe, warum Menschen ehrenamtlich im Tageshospiz oder Hospiz arbeiten möchten. Achtsamkeit in der Begegnung mit Menschen in existenziell herausfordernden Situationen steht im Kommunikations-Modul im Zentrum. Ein Fächermix mit Themen wie Ethik, Patientenverfügungen oder medizinischen Hintergründen liefert tiefgreifendes Know-how. Und der Part „Psychohygiene“ beschäftigt sich damit, wie die zukünftigen Ehrenamtlichen mit Erfahrungen umgehen, die sie belasten. Spielmann:
Neues Wissen mit Potenzial
Kernstück seiner Tätigkeit, die Begleitung und das Dasein. Und: „Nicht zu antworten muss man lernen“, sagt er mit einem Schmunzeln. Also habe er geübt, die Stille auszuhalten und Dinge annehmen zu können. Ohne zu wissen, wie es exakt weitergeht.
Der Tod ist für Walter Spielmann ein Teil des Lebens. „Irgendwann machen wir alle die Erfahrung, dass in unserem Umfeld jemand nicht mehr da ist. Dann haben Menschen immer öfter das Bedürfnis, mit anderen über ihre Trauer zu sprechen.“ Nicht zuletzt deshalb hat der Salzburger nun auch den Aufbaulehrgang zum Trauerbegleiter in der Tasche. Dass das Sterben kein Tabuthema bleibt, ist ihm ein Herzensanliegen. Und dass der Hospizgedanke in Zeiten von Diskussionen um den assistierten Suizid in der Gesellschaft als hilfreich und positiv erkannt wird, gefällt ihm besonders.
Dieser Text ist unter CC BY 4.0 International lizenziert.
Autorin
Michaela Hessenberger
Journalistin, Texterin, Netzwerkerin, Reise- und Bildungs-Fan.
Sie schreibt für Zeitungen und Magazine, Webseiten und Blogs, mag Menschen-Geschichten und das Überraschende.
Hospizbewegung und -ausbildung
Im gesamten Bundesland sind in der Hospiz-Bewegung und im Raphael-Hospiz, das von den Barmherzigen Brüdern getragen wird, mehr als 150 ehrenamtliche Frauen und Männer in der Begleitung tätig. Neben Salzburg verfügt auch Leogang über ein Tageshospiz, in dem es ebenfalls eine medizinische Versorgung der Tageshospiz-Besucherinnen und -Besucher gibt.
Interesse an der Ausbildung? Informationen gibt es unter www.hospiz-sbg.at/akademie/lehrgaenge
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