Lernen verursacht Unordnung

Das Lernen macht stets dann Verdruss, wenn man's nicht will, es aber muss.*

Von Christina Repolust |
nichts ist ordentlicher als ein Buch

Die Schachteln des Büchereiverbandes Österreichs sind auf Kante gestapelt, die Moderationskärtchen nach Farben sortiert, Schere und Locher liegen bereit. Alles gut, alles durchdacht und sogar gegengecheckt. Und dann kommen sie, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die, die hier etwas lernen wollen. Sie haben die Kursprogramme erhalten, ihrerseits Ordnung geschaffen in ihren Koffern: Da die Zahnpasta und dort die Jahresmeldung, da die warme Jacke, denn man weiß ja nie und dort das Kinderbuch, das man laut Programm vorstellen soll.

Na ja, auch da weiß man nie, was die, die die Programme machen, wirklich wollen: Egal, man hat sich für die grüne Weste und das Bilderbuch „Willi Virus“ entschieden, ja, die Jacke ist irgendwie rotzgrün und das Buch von Nora Leitl handelt von Schnupfenviren. Der Kursraum verändert sich: Schachteln werden von den Trainer_innen – die heißen nicht mehr Lehrer_innen, weil wir jetzt ja alle in der Erwachsenenbildung sind – ausgepackt, die Materialien wieder ordentlich gestapelt. Die Teilnehmer_innen legen die Bücher, die sie in den kommenden Stunden vorstellen werden, vor sich hin. Wie die wohl sind, die neben ihnen sitzen? Aha, die rechts hat ein Jugendbuch dabei. Haben die vielleicht sogar Jugendliche als Leser in der Bibliothek? Kann man ja mal unauffällig danach fragen. Die Jacke und die Zahnpasta hat man im Zimmer gelassen.

Da sind wir und die grüne Jacke ist noch im Zimmer

Lernen macht Freude

Fassen wir zusammen: Am Anfang steht der Plan. Bei den Veranstalter_innen und bei den Teilnehmer_innen, alle stellen Ordnung her: Kursprogramme werden termingerecht eingereicht und ebenso punktgenau an die Teilnehmer_innen verschickt. Die nehmen sich Urlaub, delegieren alle anderen Pflichten, die sie von Montag bis Freitag übernommen haben, an andere und fahren mit dem pünktlich eintreffenden Öffi oder mit dem vollgetankten eigenen PKW zum Veranstaltungsort, dem Kursort genauer gesagt.

Und dann treffen zwei Organisationskosmen aufeinander: Die Trainerteams und die Kursteilnehmer_innen.

„Ich habe diese Unterlage noch nicht!“, sagt die wohlorganisierte Kursteilnehmerin. „Doch, habe ich soeben verteilt!“, antwortet die wohlorganisierte Trainerin. „Wo finde ich jetzt im Internet das Formular mit den Bibliotheksstandards?“, will der wohlorganisierte Kursteilnehmer wissen und klopft auf sein Tablet. „Das zeigen wir gleich, der Beamer braucht auch seine Zeit!“

So funktioniert lernen: Die einen bieten an, die anderen organisieren sich ihre Lernmaterialien, planen ihren eigenen Aneignungsvorgang – der input wird zum intake. Dazwischen leere Schachteln, Verpackungsmaterial, im Stich gelassene Kopien, die zwei Tische weiter jemand gerade sucht.

Es kommt wohl immer auf die richtige Brille an.

Lehren und Lernen, ein klein wenig Chaos, viel Begeisterung, ein wenig Überforderung – „Was sind noch einmal Zielstandards und was Förderrichtlinien?“ – und dann am Abend im Zimmer in der grünen Jacke der letzte Blick auf den Tag:

Zitat

Und die haben wirklich Jugendliche in der Bibliothek? Verdammt, dass muss ich morgen noch einmal nachfragen. Unglaublich, was es alles gibt!

*Heinz Erhardt

CC BY

Dieser Text ist unter CC BY 4.0 International lizenziert.

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von Christina Repolust
Christina Repolust

Autorin

Christina Repolust

Liest gern und viel, fotografiert ebenfalls gern und derzeit zu wenig. Hätte sie nicht mit 17 die richtigen Menschen getroffen und wäre sie nicht widerständig, hätte sie nicht nach der Handels­schule noch drei Jahre die Handels­akademie besucht und schon gar nicht gewagt, Germantistik und Publizistik in Salzburg zu studieren. "Ich weiß, woher ich komme und das ich einen weiten Weg hinter mir habe. Deshalb setze ich auf Bildung, Bestärkung junger Menschen, Reich und Schön interessiert mich so ganz und gar nicht!"

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InfoboxVerkürzte Lehre für Maturant:innen

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Eine Lehre nach der Matura hat so manche Vorteile. Der wohl wichtigste ist die Verkürzung der Lehrzeit um ein Jahr. Wobei das nur bei Lehrausbildungen, die länger als zwei Jahre dauern, möglich ist. Zudem werden oft Fächer, die bereits mit der Reifen-und Diplomprüfung abgelegt wurden in der Berufsschule angerechnet und/oder sogar als Ersatz der gesamten Lehrzeit angesehen. 

Für ganz Österreich gilt: Die Verkürzung findet so statt, dass sich die jeweiligen Lehrjahre reduzieren:

  • Bei Verkürzung von dreijährigen Lehrberufen ist das pro Lehrjahr ein Drittel: Statt 12 Monaten dauert jedes Lehrjahr nur 8 Monate.
  • Bei vierjährigen Lehrberufen werden die ersten beiden Lehrjahre ebenfalls auf 8 Monate verkürzt, die letzten beiden auf 10 Monate (8-8-10-10 Monate). 
  • Bei 3,5-jährigen Lehrberufen bleibt das letzte Halbjahr unverändert (8-8-8-6 Monate).

Lehrlingseinkommen bei verkürzter Lehrzeit

Bei einer verkürzter Lehrzeit gibt es Sonderregelungen: Diese können sich aus dem jeweiligen Kollektivvertrag oder aus Vorgaben eines Fördermodells ergeben.

Als Grundregel bei verkürzter Lehrzeit gilt, dass sich das Lehrlingseinkommen an die Verkürzung der Lehrjahre anpasst:

  • Bei dreijährigen Lehrberufen gibt es daher für die ersten 8 Monate das Einkommen des 1. Lehrjahres, für die zweiten 8 Monate den Betrag für das zweite Lehrjahr und für die letzten 8 Monate gilt der Lohn des dritten Lehrjahres.
  • Oft wird bereits im ersten Lehrjahr das Einkommen für das zweite Lehrjahr bezahlt.
  • Für über-18-jährige Lehrlinge ist in manchen Kollektivverträgen ein erhöhtes Lehrlingseinkommen verpflichtend vorgesehen. Auch aus Förderrichtlinien kann sich ein höherer Betrag ergeben.

Weiterführende Links:

Berufsschule bei verkürzter Lehrzeit
Die Umsetzung der verkürzten Lehrzeit in der Berufsschule hängt vom jeweiligen Lehrberuf ab: In einigen Lehrberufen gibt es bereits eigene Klassen für Lehrlinge mit verkürzter Lehrzeit, die auf die abweichende Dauer der einzelnen Lehrjahre abgestimmt sind.

Dies ist derzeit in Wien in folgenden Berufen der Fall: Bürokaufmann/frau, Reisebüroassistent:in & Konditor:in.

In Lehrberufen, wo es keine eigenen Klassen gibt, muss die Abwicklung mit der jeweiligen Berufsschule besprochen werden. Im Regelfall können Maturant:innen eine Schulstufe der Berufsschule überspringen, sodass sich der Abschluss der Berufsschule in der verkürzten Lehrzeit ausgeht. Zusätzlich können Maturant:innen auf Antrag von einzelnen Fächern befreit werden, wenn sie bereits entsprechende Vorkenntnisse haben und diese nachweisen.

Welche Regelungen für Maturant:innen in welchen Lehrberufen genau gelten, ist je nach Bundesland etwas unterschiedlich. Zusätzlich gibt es in einigen Lehrberufen eigene Regelungen auf Kollektivvertragsbasis. Generell können die Konditionen zwischen Lehrherren/Lehrherrin und Lehrling künftig direkt vereinbart werden.

Hierbei gilt es zu beachten: Die Verkürzung ist nicht verpflichtend, es kann auch die normale Lehrzeit vereinbart werden.

TIPP: Ein Besuch bei der Bildungsberatung kann dir helfen, die genauen Voraussetzungen für dein Bundesland schnell und einfach zu finden.

Zuletzt aktualisiert am 3.7.2024 von BiBer Bildungsberatung