Wie das Leben so spielt.

Für Majid führten alle Wege zum Lehrabschluss für Erwachsene.

Deutsch lernen und eine Arbeit finden, das waren Majids Ziele als er vor 4 Jahren in Österreich angekommen ist.

von Carmen Bayer | | Einblicke Lest mehr zum Thema:
Lehre, 2. Bildungsweg, Integration, Bildung und Migration
Majid Titel

Nachdem Majid vor vier Jahren in Österreich angekommen ist und in Tenneck eine neues Zuhause gefunden hat, sollte die Bildungsreise beginnen:

Seine erste Etappe war die Tourismusschule in Klessheim, wo sein Cousin und er an einer Integrationsklasse teilnehmen konnten, um die Grundlagen der österreichischen Gastronomie kennen zu lernen und zugleich ihre Deutschkenntnisse zu verbessern. "Ich wollte zwar nie wirklich in der Gastronomie arbeiten aber ich wollte unbedingt etwas machen und mein Deutsch verbessern. Und so habe ich die Möglichkeit mit einer richtigen Ausbildung in der Gastronomie zu arbeiten, falls ich nichts finden sollte."

Und so kam der Stein ins Rollen …   

Kurz nach seinem Abschluss in Klessheim flatterte endlich der positive Aufenthaltsbescheid in Majids Leben.

„Und da dachte ich: Jetzt fängt es wirklich an. Sobald du deine Papiere hast, darfst du arbeiten.”

Von jetzt an musste er auf eigenen Beinen stehen, sich eine eigene Wohnung suchen, arbeiten. Bald fand er ein Zuhause in Tenneck und wollte so schnell wie möglich ins Berufsleben einsteigen.

Arbeitssuche und andere Hindernisse

Ausgerüstet mit seinem positiven Aufenthaltsbescheid machte sich Majid auf die Suche nach einem Arbeitsplatz. Doch, wie sich später herausstellen sollte: zu seinem Glück, fand er auf eigene Faust keine Anstellung und landete beim AMS. Dort wurde ihm geraten, auf seine in Syrien begonnene Ausbildung zum Zahntechniker aufzubauen. Trotz seiner Vorkenntnisse musste Majid die Lehre jedoch wieder neu beginnen. Pragmatisch wie er nun mal ist, ärgerte er sich nicht lange und fand mit Unterstützung des AMS auch schnell eine geeignete Lehrstelle.

Wie üblich wird vor der fixen Anstellung erstmal in den Beruf hineingeschnuppert. Bei Majid sollte es nicht anders sein. Doch dann kam die E-Mail, die sein Leben auf den Kopf stellte: Eine andere, im technischen Bereich tätige, Firma reagierte nämlich mit Verspätung auf seine Bewerbung mit einer Einladung zum Probearbeiten. Was nun?

„Ich wollte einfach nur arbeiten, Geld verdienen. Nach fast 20 Jahren Schule und Ausbildung zu Hause wollte ich endlich arbeiten.”

Technikaffin war er ja schon immer und was, wenn er die Stelle bekommen würde? Seine Begeisterung für die Zahntechnik wich immer mehr der Lust auf etwas Neues. Also bat Majid vor der Unterzeichnung des Lehrvertrages zum Zahntechniker um ein paar Tage Bedenkzeit und nahm an den Schnuppertagen der anderen Firma teil.

Seine Intuition war richtig, das technische Arbeitsumfeld hatte ihn begeistert. Also auf zu neuen Ufern.

Majid mit seinem Vorgesetzten

in der Lehrwerkstätte des

TAZ Mitterberghütten

Wer wagt, gewinnt?

Dann kam die Absage. Warum, weiß er nicht genau, er hatte doch extra noch einen Deutschkurs zur Vorbereitung absolviert. Für Selbstmitleid fehlte Majid aber die Zeit. Denn zu wenig brachte der geringfügige Job als Abwäscher ein, zu sehr fühlte er sich von seiner Freundin finanziell abhängig.

So fand sich Majid beim AMS Termin wieder, wo ihm sein Berater von einer finanzierten Ausbildungsmöglichkeit beim Technischen Ausbildungszentrum Mitterberghütten erzählte. Eine Ausbildung im technischen Bereich und finanzielle Unterstützung – die ideale Lösung für Majid.

„Alles ist schiefgelaufen, erst die Zahntechnik, dann die Absage, aber schlussendlich ist alles so gekommen wie es sollte.”

"Es war super", erzählt er mit strahlenden Augen. Aber das Schicksal hatte noch Pläne, denn zu dieser Zeit lernte er den neu zugezogenen Mahmoud kennen. Mahmoud war in einer vergleichbaren Lage wie er selbst und so versuchten die beiden, gemeinsam die Ausbildung beim TAZ zu absolvieren. Ob Mahmoud das gelungen ist, kannst du (rein zufällig) bei uns im Blog nachlesen!

Doch wieder Schule

Wobei Schule nicht ganz stimmt. Die Ausbildung im TAZ ist mehr so, wie wir uns unsere Schule immer gewünscht hätten. Praxisbezogen, mit Rücksicht auf das eigene Lerntempo der Teilnehmer_innen und immer mit einer gesunden Portion Humor gespickt. Nichtdestotrotz war es für Majid anfangs eine ziemliche Herausforderung. Obwohl er schon gut Deutsch konnte, waren ihm viele Fachbegriffe völlig unbekannt. "Die lernst du in keinem Deutschkurs, darum ist die Berufspraxis ja auch so wichtig", erklärt er.

Neben der Sprache war ihm aber auch das Berufsfeld des Zerspanungstechnikers völlig fremd. Er konnte auf keine Vorkenntnisse aufbauen, musste bei null beginnen. Dass das so gut gelungen ist, schreibt er auch seinem Ausbildner David zu, der in Majids Augen der "geduldigste Mensch der Welt" ist.

„Ich war oft fix und fertig. Ich dachte, ich halte das nicht mehr aus. Aber mein Ausbildner hat es immer wieder geschafft, mich neu zu motivieren.”

Als wäre der Kurs nicht bereits genügend Aufwand, lieferte er nebenher von Freitag (nach dem Unterricht) bis Sonntag Pizza aus. Zwischen Arbeit und Ausbildung blieb kaum Zeit für Erholung, doch so Majid, "muss man das für eine Zeit lang in Kauf nehmen, damit es dann besser werden kann." Er hatte sich fest vorgenommen, die Lehrabschlussprüfung zu schaffen um den anderen und sich selbst zu beweisen, dass er die Ausbildung trotz fehlender Vorkenntnisse und der fremden Sprache schaffe.

Majid und sein Vorgesetzer Patrick im Gespräch über Weiterbildungen, Fachkräftemangel und die Freuden der Kooperation!

Endlich arbeiten

Während der Ausbildung zum Zerspanungstechniker sind auch Praktika vorgesehen. Für Majid der ideale Weg um potentielle Arbeitsplätze kennen zu lernen und sich in der Praxis zu üben.

„Ich dachte viel darüber nach, was die Leute reden. Was ist, wenn ich die Prüfung nicht schaffe?”

Nach seinem letzten Praktikum bei der Firma Amari war seine künftige Anstellung schon fix, es galt nur noch, die Lehrabschlussprüfung zu bestehen.

Und tatsächlich, trotz der vielen Zweifel und der gelegentlichen Überforderung haben sich die Anstrengungen gelohnt. In Rekordzeit schaffte es Majid seine Lehre mit gutem Erfolg abzuschließen und voll in s Berufsleben einzusteigen.

Gewusst wie...

Fachkräftestipendium

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Gefördert werden neue Ausbildungen, die zu einer Höherqualifizierung und einem Abschluss in Bereichen führen, in denen ein Mangel an Fachkräften herrscht. Die förderbaren Ausbildungen sind in der Ausbildungsliste des Arbeitsmarktservice zusammengefasst.

Förderbarer Personenkreis

  • Beschäftigungslose
  • Personen, die wegen der geplanten Ausbildung karenziert sind.
  • Vormals selbstständig Erwerbstätige, deren Erwerbstätigkeit ruht.
  • Personen, die in den letzten 15 Jahren mindestens 4 Jahre beschäftigt waren, deren höchste abgeschlossene Ausbildung unter dem Fachhochschulniveau liegt und welche die Aufnahmevoraussetzungen für die in Österreich geplante Ausbildung erfüllen.

Förderbare Ausbildungen

  • Förderbar sind alle Ausbildungen gemäß Punkt 13 dieser Bundesrichtlinie, die spätestens am 31.12.2025 beginnen oder wiederaufgenommen und zur Gänze in Österreich absolviert werden.
  • Die Ausbildung muss mindestens drei Monate dauern und 20 Wochenstunden an Umfang haben.

Dauer der Förderung

  • Das Fachkräftestipendium wird für die Dauer der Teilnahme an einer Ausbildung, maximal für drei Jahre gewährt.

Wie hoch ist die Unterstützung?

  • Die Höhe des Fachkräftestipendiums entspricht mindestens der Höhe des Ausgleichszulagenrichtsatzes. Zusätzlich sind Sie in der Zeit auch kranken-, unfall- und pensionsversichert.

Hilfreiche Links:

Zuletzt aktualisiert am: 22.05.2024 von BiBer Bildungsberatung

Gewusst wie...

Lehre für Erwachsene

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Eine Lehre ist grundsätzlich in jedem Alter möglich, wenn die Pflichtschule erfolgreich abgeschlossen wurde.

Wenn Erwachsene sich für eine Lehre entscheiden, können sich die Rahmenbedingungen für die Ausbildung jedoch verändern.

Wenn Personen bei Ausbildungsbeginn über 18 Jahre alt sind, können folgende Wege passend sein:

  • Ausnahmsweise Zulassung zur Lehrabschlussprüfung:
    für Erwachsene, die die erforderlichen Fertigkeiten und Kenntnisse im angestrebten Lehrberuf nachweisen können (z.B. mit einschlägiger Anlern- oder Hilfskrafttätigkeit mindestens im Ausmaß der Hälfte der Zeit für den entsprechenden Lehrberuf)
  • eine verkürzte Lehrzeit:
    für Personen mit Fachschulabschluss, anderem Lehrabschluss oder Matura
  • Projekt "Du kannst was!" der Arbeiterkammern Österreich:
    für Personen, über 22 Jahre, mit mehrjähriger Berufserfahrung, die in einem 4-stufigen Verfahren für eine begrenzte Liste an Lehrberufen unkompliziert zu einem Lehrabschluss kommen können. https://sbg.arbeiterkammer.at/dukannstwas
  • "Duale Akademie" der Wirtschaftskammer Österreich:
    für AHS-Maturant:innen, die in zwei bis maximal drei Jahren eine maßgeschneiderte Ausbildung zur Fachkraft mit Lehrabschluss aus einer Liste an zukunftsorientierten Berufen erhalten. https://www.dualeakademie.at/salzburg/home.html

Fördermöglichkeiten:

Je nach Alter, Erwerbstätigkeit, Bildungsabschluss etc. gibt es für Personen über 18 Jahre unterschiedliche Möglichkeiten, die Lehrausbildung zu fördern (z.B. durch AMS oder WKO). Zudem kann eine Lehre auch im Rahmen der arbeitsplatznahen Qualifizierung (AQUA) absolviert werden, wo die Kosten für die Deckung des Lebensunterhalts gesichert sind.

Für einen umfassenden Überblick über deine Fördermöglichkeiten bitte Kontakt bei der BiBer Bildungsberatung www.biber-salzburg.at und unter BILDUNGSLINE: 0800 208 400 // frage@bildungsberatung-salzburg.at

(Erstellt am 25.03.2024 von Laura Eder, BA, BiBer Bildungsberatung)

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CC BY

Dieser Text ist unter CC BY 4.0 International lizenziert.

von Carmen Bayer
Carmen Bayer

Über die Autorin

Carmen Bayer

Carmen Bayer, Sprecherin der Salzburger Armutskonferenz, wundert sich oft über gesellschaftliche Entwicklungen und schreibt darüber. Nebenher studiert sie Politikwissenschaften und verbringt ihre freie Zeit bevorzugt mit Büchern, Musik und sehr gerne auch mit gutem Essen. Sprachlos ist sie eher selten.

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