Sie ist Gründerin und Leiterin des Momentum Instituts und Herausgeberin des Moment Magazins. Sie widmet sich sehr stark den Themen soziale Gerechtigkeit, Armut und Prekariat. Und in diesem Zusammenhang kommt man am Thema Frauen und Geld nicht vorbei. Barbara Blaha war letzten November zu Gast im Kongresszentrum in St. Johann im Pongau, um über "Die ganze Arbeit ums halbe Geld oder warum Frauen viel mehr zusteht" zu sprechen. Diese Veranstaltung wurde von KoKon - Beratung und Bildung für Frauen und Frau und Arbeit organisiert. Ich war dabei und nutzte gleich die Gelegenheit, Frau Blaha ein paar Fragen zu stellen.
Die ganze Arbeit ums halbe Geld
Die Mehrheit der Systemerhalter:innen in Österreich ist weiblich
Mich hat das zwar nicht sehr überrascht, aber wenn man es dann schwarz auf weiß sieht und von Barbara Blaha persönlich hört, stimmt das schon nachdenklich: Die Top 3 der systemrelevantesten Jobs in Österreich sind in der Elementarpädagogik, dem Einzelhandel und dem Reinigungsservice (knapp gefolgt von Pflege und Soziales) zu finden. Volkswirtschaftlich betrachtet bringt die Reinigung in den Krankenhäusern den höchsten Mehrwert. Oder hast Du schon einmal darüber nachgedacht, was es für die Krankenhäuser und unsere Gesundheit bedeuten würde, würde das hiesige Reinigungspersonal streiken? Und wer ist vorwiegend in den oben genannten Berufen tätig? Richtig! Die Frauen. Der weibliche Anteil in den genannten Berufsgruppen liegt bei über 80 Prozent. Und gerade in der Reinigung und im Einzelhandel verdienen die Arbeitnehmer:innen besonders wenig.
Frauen verdienen weniger als Männer. Aber warum tut denn niemand etwas dagegen?
Laut Statistik Austria verdienen Frauen am Arbeitsmarkt bis zur Hälfte weniger als Männer. Bei den Arbeiter:innen sind es 55,4 Prozent Lohn und bei den Angestellten 47,3 Prozent Gehalt. Insgesamt betrachtet und wenn man die Teilzeitarbeit mit einbezieht, verdienen Frauen im Durchschnitt um 36 Prozent weniger. Besonders spannend ist die Einkommensentwicklung bei Frauen nach der Geburt des 1. Kindes. Hier haben sie mit einem Einkommensverlust von durchschnittlich 51 Prozent zu rechnen.
Es gibt also drei Faktoren, die unmittelbar damit zusammenhängen, dass Arbeitnehmerinnen weniger verdienen und dadurch auch von Altersarmut viel stärker betroffen sind wie Männer:
- Frauen wählen Jobs in schlecht bezahlten Berufen;
- Frauen haben finanzielle Einbußen nach der Geburt eines Kindes;
- Frauen arbeiten mehr Teilzeit, im Vergleich zu den männlichen Erwerbstätigen.
Natürlich kann man jetzt sagen, die Frauen wären selbst schuld, wenn sie in schlecht bezahlten Jobs arbeiten würden. Im Verkauf, der Kinderbetreuung oder der Reinigung zum Beispiel. Frau Blaha stellt hier eine klare Gegenfrage:
Barbara Blaha, Momentum Institut
Ist es ein Naturgesetz, dass ausgerechnet die systemrelevantesten Jobs am schlechtesten bezahlt werden?“ (Barbara Blaha, Momentum Institut)
Und ich stelle eine ergänzende Frage: ist es ein Naturgesetz, dass Frauen um eine Vieles häufiger unbezahlt im Haushalt arbeiten und für die Care-Arbeit (Pflege und Betreuung von Angehörigen) zuständig sind als Männer? Ich sage, das ist es nicht und gehört dringend geändert.
Wie es zu einer besseren Verteilungsgerechtigkeit von Arbeit und Geld zwischen Mann und Frau kommen kann, was Barbara Blaha dazu bewogen hat, sich verstärkt mit diesem Thema zu beschäftigen und warum ohne mutige Politik keine Veränderung möglich ist, erfährst Du hier:
4 Fragen an Barbara Blaha
Was ist Deine persönliche Motivation, Dich mit den Themen Ungleichverteilung, Armut und Prekariat zu beschäftigen?
Über Armut weiß ich mehr, als ich wissen möchte. Ich wurde in sie hineingeboren. Österreich ist zwar eines der reichsten Länder weltweit, die Schere zwischen arm und reich klafft allerdings gewaltig auseinander. Das reichste Prozent besitzt fast die Hälfte des gesamten Vermögens, mehr als die ärmeren 90 Prozent zusammen haben. Nicht nur für uns als Gesellschaft ist es brandgefährlich, wenn immer mehr Menschen in Armut abrutschen. Können sich Vermögende gleichzeitig immer mehr Einfluss kaufen – bei Politik oder Medien – trifft das ins Herz unserer Demokratie.
Wie können sich Frauen im eigenen Lebensumfeld (auch außerhalb der Familie) für mehr Verteilungsgerechtigkeit einsetzen?
Momentan klafft die Einkommenslücke zwischen Männern und Frauen noch ordentlich auseinander: Frauen verdienen im Schnitt 36 Prozent weniger als Männer, wenn man auch Teilzeitarbeit, die vor allem von Frauen verrichtet wird, mit einrechnet. Die Erzählung, dass Frauen selbst schuld sind an ihrer Lage, hält sich leider hartnäckig: Sie sollten einfach öfter technische Berufe wählen, statt Teilzeit lieber Vollzeit arbeiten und schlicht mehr Geld verlangen, so heißt es oft. Dabei liegt das Problem bei der Politik, die es einfach über Jahrzehnte versäumt hat, die Rahmenbedingungen für Verteilungsgerechtigkeit zu schaffen: Berufe, in denen vorwiegend Frauen arbeiten, werden wesentlich schlechter bezahlt. Mit unbezahlter Arbeit, also der Pflege von Angehörigen oder Kinderbetreuung, lassen wir Frauen immer noch allein. Fehlen die Betreuungsplätze, arbeiten Frauen oft in Teilzeit – nicht, weil sie es so gerne machen, sondern weil es nicht anders geht. Frauen zahlen also den Preis für das Scheitern der Politik. Ratschläge für Frauen sind zwar oft gut gemeint, was wir aber brauchen ist eine Politik, die diese Ratschläge überflüssig macht. Machen wir im selben Tempo weiter wie bisher, schließt sich die Einkommenslücke zwischen Männern und Frauen erst im Jahr 2362.
Wie können wir die Männer mit ins Boot holen?
Vor allem an der unbezahlten Pflegearbeit und Kinderbetreuung sollten wir auch Männer viel stärker beteiligen. Anreize sind dafür schön und gut. Wollen wir diese Aufgaben aber wirklich gerecht verteilen, kommen wir um Verpflichtungen nicht herum, angefangen bei einer verpflichtenden Väterkarenz. Auch hier gilt eben wieder: Um endlich auszugleichen, dass die eine Hälfte der Bevölkerung auf allen Ebenen schlechter dasteht als die andere, müssen wir politische Hebel in Gang setzen, nicht an kleinen Rädchen drehen.
Was braucht es auf gesellschaftlicher und politischer Ebene?
Allen voran brauchen wir einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab Geburt und damit auch flächendeckende, kostenlose Kinderbetreuung. Mit Öffnungszeiten, die Vollzeitarbeit zulassen. Eine Verpflichtung, die Karenz fair zwischen den Eltern aufzuteilen, würde ebenfalls helfen. Auch kürzere Arbeitszeiten bei vollem Lohn könnten die Vereinbarkeit von Beruf und Familie unterstützen und Frauen vor der Teilzeitfalle und wesentlich geringeren Einkommen schützen. Die nächste Arbeitszeitverkürzung ist ohnehin längst überfällig. Außerdem brauchen wir höhere Löhne für jene wichtigen Brachen, die immer noch mies bezahlt werden: Pflege, Kinderbetreuung, Reinigungskräfte, und so weiter. Das sind vor allem Berufe, in denen vorwiegend Frauen arbeiten. Abhilfe schaffen könnte hier ein Mindestlohn, etwa von 2.000 Euro, wie ihn die Gewerkschaft momentan fordert. Jede fünfte unselbstständig Beschäftigte würde davon profitieren. Schlussendlich müssen wir dafür sorgen, dass der Grundsatz gleicher Lohn für gleiche Arbeit strenger kontrolliert und umgesetzt wird.
Vielen Dank für das interessante Gespräch!
Dieser Text ist unter CC BY 4.0 International lizenziert.
Autorin
Dagmar Ziegler
Dagmar ist als selbständige Texterin, Moderatorin und Kommunikationsberaterin tätig. Für das Bildungsbuch ist die Salzburgerin immer auf der Suche nach spannenden Geschichten, die Mut machen, neue Wege zu gehen.
Frau & Arbeit
Frau & Arbeit bietet:
- kostenlose Beratung
- Coaching
- Workshops
für Frauen zu Fragen rund um das Berufsleben. Das Angebot von Frau & Arbeit richtet sich an Frauen jeden Alters, die Unterstützung bei der beruflichen Integration und/oder Entwicklung ihrer beruflichen Fähigkeiten und Ziele suchen.
Einfach telefonisch oder online Kontakt aufnehmen unter: 0662/ 880723-10 oder info@frau-und-arbeit.at.
Alle weiteren Infos findet ihr auf:
Zuletzt aktualisiert am: 14.12.2020
Wiedereinstieg nach einer Familienphase
Wie kann der berufliche Wiedereinstieg nach einer Familienphase gut gelingen? Je früher mit der Vorbereitung begonnen wird, desto besser! Gutes Zeitmanagement und Organisation sind hierfür gefragt.
Planung
- Gutes Zeitmanagement und Organisation
- Klarheit über den beruflichen Ist-Stand
- In welche Richtung soll es in Zukunft gehen?
Unterstützung
- BerufsInfoZentren bieten eine große Auswahl an Info-Mappen und Broschüren zu Berufen sowie Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten.
- „Wiedereinstieg mit Zukunft“ ist ein Kursangebot, speziell für Frauen. Es unterstützt Wiedereinsteigerinnen beim Einstieg in das Berufsleben, unter anderem durch Selbstlernphasen und Einzel-Coaching-Elemente.
- Arbeitsmarktbezogene Frauenberatungsstellen und die Frauenberufszentren (FBZ) unterstützen durch konkrete Informationen und professionelle Unterstützung bei Fragen zu Kinderbetreuung, Bildung, Jobsuche, bei persönlichen, familiären und rechtlichen Fragestellungen.
Kinderbetreuungsbeihilfe
Diese Förderung können Frauen und Männer erhalten, die einen Betreuungsplatz für ihr Kind benötigen, weil sie
- eine Arbeit aufnehmen wollen,
- an einer arbeitsmarktpolitisch relevanten Maßnahme (z.B. Kurs) teilnehmen wollen,
- sich trotz Berufstätigkeit ihre wirtschaftlichen Verhältnisse grundlegend verschlechtert haben,
- wesentliche Änderungen der Arbeitszeit eine neue Betreuungseinrichtung/-form erfordern,
- die bisherige Betreuungsperson ausfällt.
Das monatliche Bruttoeinkommen der Förderungswerberin/des Förderungswerbers darf EUR 2.700,- nicht übersteigen.
Dauer: Die Beihilfe kann jeweils für 26 Wochen gewährt werden. Die Förderungsdauer je Kind kann (bei Vorliegen der Fördervoraussetzungen) bis zu 156 Wochen betragen.
Hilfreiche Links:
Zuletzt aktualisiert am: 8.7.2024 von BiBer Bildungsberatung
SAFI - Salzburger Fraueninitiative
Die 2018 gestartete Salzburger Fraueninitiative unterstützt Frauen, in einem Zeitraum von maximal zwölf Monaten, bei den ersten Schritten am Arbeitsmarkt. Ziel ist es mit den Frauen gemeinsam Fähigkeiten zu erarbeiten, damit sie sich zukünftig selbständig am Arbeitsmarkt behaupten und ein selbständiges und unabhängiges Leben führen können.
Zugangsvoraussetzungen
Der Zugang zum Projekt ist an einige wenige Voraussetzungen geknüpft, nämlich:
- nur Frauen
- ab dem 18. Lebensjahr
- mit einem festen Wohnsitz im Bundesland Salzburg
- einem Zugang zum österreichischem Arbeitsmarkt
- die aktuell armutsgefährdet bzw. -betroffen sind, also auf Bezüge vom AMS, Sozialamt, GKK, PVA, unterhaltspflichtigen Ehemännern oder ähnliches angewiesen sind oder
- sich in prekären Beschäftigungsverhältnissen befinden, z.B. befristete Arbeitsverträge, Leiharbeitsverträge, Teilzeitjobs, die die Existenzsicherung nicht gewährleisten.
- es muss eine Konversation in deutscher bzw. zumindest englischer Sprache möglich sein, wobei kein bestimmtes Sprachniveau vorausgesetzt wird.
Angebote
- Einzelcoaching
- Begleitung zu Terminen
- flexible Unterstützung bei persönlichen Problemen
- Workshops/Seminare inklusive Kinderbetreuung
- Begegnungszone mit Frauencafé
Kontakt
Am besten telefonisch einen Termin für ein Erstgespräch vereinbaren.
SAFI - Salzburger Fraueninitiative
Telefon: +43 50 424 723 - 119 oder -120
Mobil: +43 664-889 302 42
Email: safi@ibisacam.at
Montag – Donnerstag von 08.00 - 16.00 Uhr
Freitag von 8.00-13.00 Uhr
ibis acam Bildungs GmbH
Sterneckstraße 52, 2. OG,
5020 Salzburg (O-Buslinien 2, 4, 10 und 12)
Das Gebäude befindet sich gegenüber dem Schnellrestaurant McDonald’s.
zuletzt aktualisiert im Juli 2024 von BiBer Bildungsberatung
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