Der neue Weg zum Lehrabschluss

"Du kannst was!"

Bei einem gemeinsamen Treffen in den Räumen der Arbeiterkammer Salzburg erfahren wir von Hilla Lindhuber (AK) und Rudolf Eidenhammer (Wirtschaftskammer) was das Projekt "Du kannst was!" ist, welche Chancen es mit sich bringt und wie der Pilotversuch verlaufen ist.

Von Carmen Bayer |
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Was macht das Projekt "Du kannst was!" so besonders?

Lindhuber: Bei "Du kannst was!" geht es nicht nur um eine Kompetenzanalyse, sondern hier wird sozusagen eine Inventur des beruflichen Wissens vorgenommen. In Form eines ersten "Qualifikations-Checks" finden wir heraus, was der/die Teilnehmer_in kann – daher auch der Name "Du kannst was". Auf der Basis vom aktuellen Wissensstand werden dann für jede_n Einzelne_n die passenden Weiterbildungen angeboten, um abschließend beim zweiten "Qualifikations-Check" ein reguläres Lehrabschlusszeugnis zu erhalten.

Wie sieht eine Teilnahme am Projekt im Detail aus?

Lindhuber: Als Teilnehmer_in wirst du bei uns von Beginn an bis zum Ende der Ausbildung unterstützt. Dadurch, dass bei diesem Projekt ArbeiterkammerBFIWirtschaftskammer, wie auch WIFITAZLand SalzburgEuropäischer Sozialfond sowie AMS und ÖGB eine sehr gute Projektpartnerschaft haben, wird der/die Teilnehmer_in die gesamte Ausbildungszeit über professionell begleitet. Die Praxis findet im Rahmen der AK-Kompetenzberatung am BFI statt, wo die Kompetenz-Checks, wie auch die darauffolgende Weiterbildungsplanung, individuell an die Bedürfnisse der Teilnehmer_innen angepasst werden.

Rudolf Eidenhammer & Hilla Lindhuber

Worauf muss ich mich als Teilnehmer_in beim ersten Qualifiaktions-Check vorbereiten?

Lindhuber: Wir arbeiten mit Portfolio Mappen, in welchen die Berufsbilder in einzelne Kompetenzen aufgegliedert werden. Beispielsweise enthält die Portfolio Mappe für den Beruf Bürokauffrau/man das Kapitel Rechnung, wo, unter anderen, abgefragt wird, ob der/die Teilnehmer_in die gesetzlichen Bestandteile einer Rechnung kennt. Nach diesem Format kann ich dann Schritt für Schritt überprüfen, was mir noch an Wissen fehlt.

Wie lange dauert der gesamte Ausbildungsweg?

Eidenhammer: Die genaue Dauer ist von den benötigten Weiterbildungen der Teilnehmer_innen abhängig, aber im Schnitt muss Man/Frau mit zwei Semestern +/- rechnen. In diesem Rahmen hat man dann genügend Zeit, die eigenen Fähigkeiten und vor allem die Theorie hinter der Praxis im Schritt für Schritt Verfahren zu lernen und regelmäßig, anhand der Portfolio Mappe, zu überprüfen.

Das klingt nicht ganz kostengünstig?

Lindhuber: Mag man glauben. Der Großteil ist über die Projektmittel gefördert, da die Weiterbildungen aber individuell gestaltet sind, fallen hier, je nach Bedarf, mehr oder weniger Kurskosten an. In der Regel kann man allerdings sagen, dass ca. 400€ Eigenanteil bleiben. Diese Summe wird wiederum vom Salzburger Bildungscheck gefördert und so bleiben unterm Strich für den/die Teilnehmer_in am Ende zwischen 200 - 400€ + Prüfungsgebühren an Selbstkosten.

2012 wurde der Pilotversuch von „Du kannst was!“ durchgeführt, könnt ihr mir hierzu etwas erzählen?

Lindhuber: Eine unserer Erfahrungen ist, dass die Teilnehmer_innen ihr Wissen unterschätzen. Mit einem Blick auf das Durchschnittsalter und die Arbeitserfahrung wird schnell ersichtlich, wie viel Fachwissen sich die Teilnehmer_innen im Laufe ihres Berufslebens bereits angeeignet haben. So lag das Durchschnittsalter bei 35 und die Berufserfahrung bei 10 Jahren, in diesem Zeitraum sammeln sich viele Kompetenzen an. 
Von diesen Personen hatten etwa 75  Prozent keine abgeschlossene Berufsausbildung und fast 70 Prozent auch keine über die Pflichtschule hinausgehende schulische Bildung. Durch die erwachsenengerechte Begleitung der Teilnehmer_innen waren die Ergebnisse bei den Abschlussprüfungen überwiegend positiv, selbst die Prüfer_innen zeigten sich begeistert von der Qualifikation unserer Teilnehmer_innen.

Eidenhammer: Genau das ist der Clou bei "Du kannst was!". Während den Vorbereitungen zur Ausnahmsweisen Zulassung zur Lehrabschlussprüfung ist jede_r auf sich alleine gestellt, bei  "Du kannst was!" wirst du hingegen, bildlich gesprochen, bei der Hand genommen. Jeder Schritt wird professionell begleitet und die Teilnehmer_innen wissen genau, welche Anforderungen zu erfüllen sind. So minimiert der gemeinsame Weg zum Abschluss das Risiko, die Prüfung nicht zu schaffen, um ein Vielfaches.

Gibt es einen Unterschied zum regulären Lehrabschluss?

Eidenhammer: Nein, das ist kein 'billiger' Lehrabschluss, es gelten dieselben Anforderungen für alle – egal ob regulär oder über "Du kannst was!". Ein Berufsabschluss ist ein Wertpapier, bietet mehr Chancen und bringt neue, berufliche Perspektiven mit sich. Unser Anliegen ist es, diese Ausbildung erwachsenengerecht anzubieten und ich denke, dass uns das gelungen ist.

Das Projekt wird aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds sowie des Landes Salzburg und der AK Salzburg finanziert.

Bericht in Salzburg Heute zum Projekt "Du kannst was!" am 19.11.2016

CC BY

Dieser Text ist unter CC BY 4.0 International lizenziert.

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von Carmen Bayer
Carmen Bayer

Autorin

Carmen Bayer

Carmen Bayer, Sprecherin der Salzburger Armutskonferenz, wundert sich oft über gesellschaftliche Entwicklungen und schreibt darüber. Nebenher studiert sie Politikwissenschaften und verbringt ihre freie Zeit bevorzugt mit Büchern, Musik und sehr gerne auch mit gutem Essen. Sprachlos ist sie eher selten.

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InfoboxVerkürzte Lehre für Maturant:innen

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Eine Lehre nach der Matura hat so manche Vorteile. Der wohl wichtigste ist die Verkürzung der Lehrzeit um ein Jahr. Wobei das nur bei Lehrausbildungen, die länger als zwei Jahre dauern, möglich ist. Zudem werden oft Fächer, die bereits mit der Reifen-und Diplomprüfung abgelegt wurden in der Berufsschule angerechnet und/oder sogar als Ersatz der gesamten Lehrzeit angesehen. 

Für ganz Österreich gilt: Die Verkürzung findet so statt, dass sich die jeweiligen Lehrjahre reduzieren:

  • Bei Verkürzung von dreijährigen Lehrberufen ist das pro Lehrjahr ein Drittel: Statt 12 Monaten dauert jedes Lehrjahr nur 8 Monate.
  • Bei vierjährigen Lehrberufen werden die ersten beiden Lehrjahre ebenfalls auf 8 Monate verkürzt, die letzten beiden auf 10 Monate (8-8-10-10 Monate). 
  • Bei 3,5-jährigen Lehrberufen bleibt das letzte Halbjahr unverändert (8-8-8-6 Monate).

Lehrlingseinkommen bei verkürzter Lehrzeit

Bei einer verkürzter Lehrzeit gibt es Sonderregelungen: Diese können sich aus dem jeweiligen Kollektivvertrag oder aus Vorgaben eines Fördermodells ergeben.

Als Grundregel bei verkürzter Lehrzeit gilt, dass sich das Lehrlingseinkommen an die Verkürzung der Lehrjahre anpasst:

  • Bei dreijährigen Lehrberufen gibt es daher für die ersten 8 Monate das Einkommen des 1. Lehrjahres, für die zweiten 8 Monate den Betrag für das zweite Lehrjahr und für die letzten 8 Monate gilt der Lohn des dritten Lehrjahres.
  • Oft wird bereits im ersten Lehrjahr das Einkommen für das zweite Lehrjahr bezahlt.
  • Für über-18-jährige Lehrlinge ist in manchen Kollektivverträgen ein erhöhtes Lehrlingseinkommen verpflichtend vorgesehen. Auch aus Förderrichtlinien kann sich ein höherer Betrag ergeben.

Weiterführende Links:

Berufsschule bei verkürzter Lehrzeit
Die Umsetzung der verkürzten Lehrzeit in der Berufsschule hängt vom jeweiligen Lehrberuf ab: In einigen Lehrberufen gibt es bereits eigene Klassen für Lehrlinge mit verkürzter Lehrzeit, die auf die abweichende Dauer der einzelnen Lehrjahre abgestimmt sind.

Dies ist derzeit in Wien in folgenden Berufen der Fall: Bürokaufmann/frau, Reisebüroassistent:in & Konditor:in.

In Lehrberufen, wo es keine eigenen Klassen gibt, muss die Abwicklung mit der jeweiligen Berufsschule besprochen werden. Im Regelfall können Maturant:innen eine Schulstufe der Berufsschule überspringen, sodass sich der Abschluss der Berufsschule in der verkürzten Lehrzeit ausgeht. Zusätzlich können Maturant:innen auf Antrag von einzelnen Fächern befreit werden, wenn sie bereits entsprechende Vorkenntnisse haben und diese nachweisen.

Welche Regelungen für Maturant:innen in welchen Lehrberufen genau gelten, ist je nach Bundesland etwas unterschiedlich. Zusätzlich gibt es in einigen Lehrberufen eigene Regelungen auf Kollektivvertragsbasis. Generell können die Konditionen zwischen Lehrherren/Lehrherrin und Lehrling künftig direkt vereinbart werden.

Hierbei gilt es zu beachten: Die Verkürzung ist nicht verpflichtend, es kann auch die normale Lehrzeit vereinbart werden.

TIPP: Ein Besuch bei der Bildungsberatung kann dir helfen, die genauen Voraussetzungen für dein Bundesland schnell und einfach zu finden.

Zuletzt aktualisiert am 3.7.2024 von BiBer Bildungsberatung