Arbeit schützt vor Armut. Doch für eine nicht so geringe Zahl an Menschen gilt eben das nicht.
Working Poor – Wenn Arbeit nicht vor Armut schützt
Das Risiko von Working Poor trifft zumeist Personen mit geringer Bildung, Migranten und Migrantinnen und Menschen, die auf Hilfsarbeiterjobs angewiesen sind. Denn obwohl Österreich ein reiches Land ist, bleibt Armut weit verbreitet. 1,2 Millionen Menschen waren im Jahr 2017 armutsgefährdet, das entspricht 14,4 Prozent der Bevölkerung. Im Bundesland Salzburg betraf Armutsgefährdung 69.000 Personen.
Als armutsgefährdet gilt, wer weniger als 1.238 Euro netto pro Monat zur Verfügung hat.
In den meisten Fällen bietet Arbeit Schutz vor Armut. So liegt bei Erwerbstätigen das Armutsgefährdungsrisiko bei unterdurchschnittlichen 8 Prozent. Zum Vergleich: Bei ganzjähriger Arbeitslosigkeit ist jeder Zweite armutsgefährdet (56 Prozent).
Doch es gibt auch genügend erwerbstätige Menschen, deren Einkommen keinen Lebensstandard über der Armutsgefährdungsschwelle ermöglicht. Als armutsgefährdet gilt, wer weniger als 1.238 Euro netto pro Monat zur Verfügung hat. Hier spricht man vom Phänomen: Working Poor. In Österreich betrifft es 300.000 Personen, davon sind 170.000 Männer und 131.000 Frauen.
Schützt (Aus-)Bildung vor Working Poor?
Menschen mit geringer formaler Bildung sind besonders von Working Poor betroffen. Bei Personen mit maximal Pflichtschulabschluss liegt das Risiko bei überdurchschnittlichen 14 Prozent. Hilfsarbeiterinnen und Hilfsarbeiter betrifft Working Poor doppelt so häufig, wie Facharbeiterinnen und Facharbeiter - 14 versus 7 Prozent.
Zwar bietet (Aus)-Bildung einen relativ guten Schutz, jedoch kann selbst ein Universitätsabschluss nicht immer verhindern, von Working Poor betroffen zu sein: Bei Personen mit universitärer Ausbildung beträgt die Quote der armutsgefährdeten Erwerbstätigen immerhin auch 7 Prozent. Hier können besonders prekäre Arbeitsverhältnisse (z.B. Scheinselbständigkeit, befristete Projektarbeit auf Teilzeitbasis oder auf Basis von geringfügiger Beschäftigung) zur Betroffenheit führen.
Viele Migrantinnen und Migranten sind arm trotz Arbeit
Bei Nicht-Österreicherinnen und Nicht-Österreichern beträgt die Working-Poor-Quote 16 Prozent. Zum Vergleich: Österreichische Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen weisen mit einer Betroffenheit von 6 Prozent ein deutlich geringeres Risiko auf. Dies deckt sich mit statistischen Befunden, wonach Migrantinnen und Migranten überdurchschnittlich oft im Niedriglohnsektor beschäftigt sind.
Aufgrund von teilweise mangelnden Sprachkenntnissen oder geringer Qualifikation, nicht selten aber auch wegen Diskriminierungen oder der fehlenden Anerkennung von nicht-österreichischen Ausbildungsnachweisen werden Migrantinnen und Migranten auf Arbeitsplätze mit geringem Qualifikationsniveau (bei entsprechend geringer Entlohnung) verwiesen.
Niedriglohnbeschäftigung als eine der Hauptursachen von Working Poor
In vielen Fällen ist schlichtweg die schlechte Entlohnung Grund für die Betroffenheit von Working Poor. So verdienen österreichweit 160.000 ganzjährig Vollzeitbeschäftigte unter der Armutsgefährdungsschwelle. Im Bundesland Salzburg verdienten 7.800 ganzjährig Vollzeitbeschäftigte sogar weniger als 1.000 Euro netto pro Monat.
Ein weiterer möglicher Risikofaktor ist eine geringe Wochenarbeitszeit, die sehr häufig Betreuungs- oder Versorgungspflichten geschuldet ist. Frauen arbeiten dabei weit häufiger in Teilzeit als Männer. Bei Teilzeitbeschäftigten ist jede bzw. jeder Zehnte unter der Armutsgefährdungsschwelle.
Eine Auswahl an (Gegen-) Maßnahmen
Prekarisierung stoppen, Qualifizierung gerechter fördern, Mindestlohn erhöhen:
Gerade neue Arbeitsformen und Arbeitsverhältnisse mit hohem Working-Poor-Potential brauchen einen effektiven arbeits- und sozialrechtlichen Schutzrahmen. Beispielhaft hierfür könnte die Schaffung eines Crowdwork-Gesetzes sein, um eine faire Entlohnung und gute Arbeitsbedingungen auch in der neuen Arbeitswelt sicherzustellen.
Das bisherige System der Weiterbildung in Österreich hat Lücken und die Chancen darin sind unterschiedlich verteilt. Besser Qualifizierten stehen mehr Möglichkeiten offen als gering und mittel Qualifizierten. Instrumente wie die Bildungskarenz oder die Bildungsteilzeit sind für Personen mit einer fixen Stelle konzipiert, nicht aber für jene, die häufiger den Arbeitgeber wechseln (müssen).
Daher braucht es einen Rechtsanspruch auf Qualifizierungsgeld in existenzsichernder Höhe, womit sich gerade auch die Weiterbildungschancen für Geringqualifizierte erhöhen würden.
Ein wichtiges Instrument, um den Betroffenen von Working-Poor unmittelbar zu helfen, ist der Mindestlohn. Perspektivisch ist daher die schrittweise Anhebung der kollektivvertraglichen Mindestlöhne und -gehälter auf monatlich 1.700 Euro brutto - und zwar in allen Branchen - anzustreben.
Crowdwork - Nie gehört?! Was dahinter steckt, wird im Video der AK erklärt.
Dieser Text ist unter CC BY 4.0 International lizenziert.
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