WWOOF: Ich war Volontärin in Schweden

Und es hat mich reicher gemacht

Gemeinsam mit der Britin stemmen wir meinen Koffer, der so gar nicht in das wildromantische Ambiente passt, in den alten Wohnwagen. Ein paar zerschlissene Kissen auf der Matratze, die Decke ist mit bunten Tüchern verhangen. Draußen zirpen die Grillen, es wird Abend in Schweden. Mein erster Abend als Wwoofer.

von Veronika Ellecosta | | Einblicke Lest mehr zum Thema:
Freiwilligenengagement, Anders*Denken
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Für die nächsten zwei Wochen wird der alte Camper mein Zuhause sein. Und mit ihm mehrere Hektar Land, auf dem Blumen gedeihen, Gemüse, Apfelbäume und Beeren. Die wiederum im hauseigenem Café und Shop verkauft werden, zu Kuchen verarbeitet, zu Saft oder in Speisen. Alles öko, ohne Gift. Gehört sich so für Schweden. Genauso wie die Crew, die mir nacheinander vorgestellt wird: blonde, großgewachsene Menschen mit skandinavischem Lutschtabak zwischen den Zähnen, wenn sie lachen. Auch alle ein bisschen öko, mit Latzhose und bunter Hippie-Hipstermode, was vielleicht auch daran liegt, dass wir uns abseits des Stadtlebens befinden und bequeme Kleidung beim Gärtnern a la modé ist.  

Die anderen Wwoofer, auch ein bisschen mehr öko als der Durchschnitt. Dachte ich zumindest, als ich am jenem ersten Abend in Schweden meinen Koffer mit wehendem Haar und Skinnyjeans über die Wiese zum alten Camper zerrte. Aber schon am zweiten Tag wurde ich eine von ihnen: ein bisschen mehr öko als sonst, ohne Wimperntusche und offenem Haar.

Da waren junge Menschen aus Allerwelt, die ihre Unilektüre und Alltagssorgen weit hinter sich gelassen hatten. Manchen von ihnen lebten als Wwoofer, manche arbeiteten saisonal hier, schnippelten in der Küche Gemüse, um dann im Herbst wieder heimzufahren. Andere, wie ich, waren bescheidene Durchschnittswwoofer, bereit, gegen Kost und Logis Helferlein der besonnenen Schwed_innen auf der Farm zu werden.

Viele waren mit ähnlichen Vorstellungen vom Wwoofen wie ich hergekommen: Ideale und Erwartungen an non-profit und konsumfernes Denken, Naturnähe und Zurück-zum-Ursprung. Ein bisschen mehr öko als sonst. Damit hätte auch ein Reisekatalog werben können.  Und es war erstaunlich, wie selbstverständlich alle das einfache Leben hier hinnahmen. Der Anitluxus war reine Routine. Und wir alle, Kinder des Westens die wir waren, nahmen ihn hin. Wir knieten in der Erde, um Unkraut aus den Beeten zu reißen, verbrannten uns in der Sonne, um einen Hühnerstall zu bauen und pokerten um die Abwaschschichten, die wir im Café verrichten mussten.

Veronika Ellecosta/Netzwerk Bildungsberatung Salzburg

Und sehr bald wich die anfängliche Skepsis der Zuneigung für den zauberhaften Norden. Für die sachten, nie ganz dunkel werden wollenden Nächte, die damit stundenlanges auf-dem-Dach-Sitzen erlaubten. Für die unkomplizierte Art der Farmleute und die anderen Wwoofer, mit denen man Leid und Freud teilte und Tag und Nacht, die freie Zeit in Stockholms Altstadt oder im Kanu auf dem See verbrachte und unweigerlich ins Herz schließen musste. Es wurden Sommerromanzen geschrieben, Freundschaften geknüpft und alltagsferne Momente geschaffen. Und in unserem kleinen Garten Eden wurde der Antiluxus schließlich auch für mich zur Routine. Und doch wird es schließlich wieder Abend, ich trage wieder Skinnyjeans und zerre meinen Koffer über die Farm.

„Mein letzter Abend als Wwoofer. Die Grillen zirpen, die Sonne ist untergegangen, orange leuchten die bewaldeten Hügel. Nicht grell, sondern sachte, wie es sich für Schweden gehört. Zeit, den Garten Eden zu verlassen.”

Gewusst wie...

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World-Wide Opportunities on Organic Farms- WOOF- heißt das internationale Netzwerk, das Menschen die Möglichkeit bietet, als Volontär_innen auf Biobauernhöfen weltweit zu arbeiten. Die Freiwilligen sind dabei an keinen Vertrag gebunden und könne zu nichts verpflichtet werden, zumal Gastgeber und Wwoofer ein Gastverhältnis eingehen, das auf Respekt und Freiwilligkeit basiert. Die Organisation besteht seit 1971 und wurde in England gegründet. Mittlerweile gibt es aber schätzungsweise mehr als 6 000 ökologische Bauernhöfe in mehr als 100 Ländern. (Quelle: Wikipedia)

Die Mitgliedschaft im WOOFER- Netzwerk ist von Land zu Land unterschiedlich. Für die Mitgliedschaft in Schweden habe ich 20 Euro für ein Jahr bezahlt. Meist gibt es auch ein Mindestalter, das zwischen 15 und 18 Jahren angesetzt ist. Wer sich das Formular der Homepage ausdruckt und es am Ende des Aufenthalts vom Gastgeber ausfüllen lässt- inklusive Teilnahmebestätigung und Bewertung der Skills bei der Hofarbeit-  hat zusätzlich ein nettes Dokument fürs Curriculum.

Hilfreich ist es auch, sich online die Bewertungen der angebotenen Höfe anzuschauen, damit es keine bösen Überraschungen gibt und der Aufenthalt verführt abgebrochen werden muss. Bei Farmen mit großer Nachfrage ist es außerdem klug, seinen Aufenthalt früh genug zu buchen. Und am besten sucht man einen Hof, der viele Wwoofer beherbergt, weil es sich gemeinsam bekanntlich leichter hackeln lässt.

Die Farm, auf der ich meine Zeit als Wwoofer verbracht habe, heißt übrigens Rosenhill Garden und befindet sich auf der Insel Ekerö unweit von Stockholm. Zwischen fünf und fünfzehn Wwoofer wohnen dort zur selben Zeit, das sind rund 60 pro Saison. Die Nachfrage ist groß, deshalb gilt auch hier: The early bird catches the worm.  Mehr Informationen gibt es unter http://rosenhill-ekero.blogspot.co.at/2000/03/welcome-to-rosenhill-garden.html

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von Veronika Ellecosta
Veronika Ellecosta

Über die Autorin

Veronika Ellecosta

Veronika Ellecosta ist Wahlsalzburgerin auf Zeit. Und irgendetwas zwischen italophiler Studentin der Romanistik, literaturaffiner fast-Germanistin und Journalistin in den Kinderschuhen bei Fräulein Floras Favourite Hangouts.

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