Verkürzte Lehre – Ein Weg für Erwachsene

Im Interview: Christian Guggenberger, Experte im beruflichen neuorientieren und unermüdlich dabei, sich seinen ganz eigenen Weg zu gestalten.

Von Schicksalsschlägen lässt er sich nicht die Kraft rauben: Alkohol rührt er seit vielen Jahren nicht mehr an und auch ein schwerer Arbeitsunfall, Depressionen und ein Herzinfarkt nehmen Christian nicht den Mut.

von Carmen Bayer | | Einblicke Lest mehr zum Thema:
Weiterbildung, Lehre, 2. Bildungsweg, Verkürzte Lehre
Verkuerzte Lehre Erwachsene Nuthawut Somsuk

Freut euch auf ein Interview der ganz besonderen Art:

Christian, in welchen Berufen hast du im Laufe der Jahre schon gearbeitet?

Lange habe ich als Maschinenschlosser gearbeitet bis ich bei einem Arbeitsunfall Bekanntschaft mit 380 Volt in meinem Körper machte. Zum Glück ist da nichts Gröberes passiert. Danach war mir relativ bald nach einem Branchenwechsel und ich wurde Fahrscheinkontrolleur bei den O-Bussen in Salzburg. Auf die Dauer war das aber auch nicht das Richtige für mich. So habe ich dann lange im Fließen-Großhandel gearbeitet, bis ich einen Bandscheibenvorfall erlitt – da wollte mich mein Chef in der Verkaufsabteilung einsetzen, dort sah ich mich aber nicht wirklich.

Aus dir wurde also kein Verkäufer?

Nein, stattdessen habe ich im Wachdienst angefangen und dafür eine Weiterbildung bei den Stadtwerken absolviert. Nach diesem Job begann ich bei den OEBB als Unterwegs-Reiniger zu arbeiten. Um weiterzukommen, war mein nächster Schritt die berufliche Weiterbildung zum Schaffner. Leider war ich in diesem Beruf nur für ein Jahr tätig, denn der frühe Dienstbeginn in Salzburg war einfach nicht mit meinem Wohnort vereinbar. Die An- und Heimfahrten dauerten zu lange.

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Deine Erzählung hat 2002 begonnen, inzwischen sind wir im Jahr 2008 angekommen. Wie ging die berufliche Reise weiter?

Ich hab dann wieder für diverse Schlossereien im Gasteiner Tal zu gearbeitet, dann war ich Hausmeister, wobei hier das Gehalt leider nicht zum guten Überleben reichte. Und doch landete ich wieder als Hausmeister in einem Hotel in Hofgastein, also nahe meines Wohnortes. Nachdem dort die Pächter wechselten wurde aber auch das Personal ausgetauscht und so kam ich schließlich als Küchenhilfe bei Kraut und Rüben unter – inzwischen haben wir übrigens das Jahr 2016.

Viele Veränderungen. Wie ist es dir da gesundheitlich gegangen?

Nicht so gut, während meiner Zeit als Küchenhilfe verfiel ich in Depressionen und war dann für einige Zeit in der Tagesklinik und auf Langzeitreha in St. Veit. Als ich dachte, alles sei überstanden, gönnten meine Frau und ich uns einen Urlaub auf Caorle. Schon dort bemerkte ich allerdings, dass ich häufiges Sodbrennen hatte und nicht wirklich fit war. Wider zu Hause passierte es dann: Herzinfarkt. Das war im Juli und bis Dezember war ich dann krankgeschrieben.

Hat sich 2017 das Blatt für dich gewendet?

Im Januar 2017 hatte ich einen Termin beim AMS. Meine Betreuerin meinte da zu mir, sie habe da vielleicht etwas für mich, ob ich denn Interesse daran hätte, am Technischen Ausbildungszentrum Mitterberghütten meinen Lehrabschluss in der Metalltechnik nachzuholen. Natürlich war ich da dabei!

Wie war es für dich, wieder zu lernen und in der Klasse zu sitzen?

Schwierig. Den ganzen Tag wieder in einer Klasse zu sitzen war schon eine gewaltige Umstellung für mich. Und auch Mathe war eine große Herausforderung. Ich habe den Trainer dann freitags immer um Zusatzaufgaben für das Wochenende gebeten, die er dann mit mir am Montag durchgegangen ist.

„Das Wissen, meine ich meine Sucht überwunden zu haben, hat mir gezeigt, dass ich alles schaffen kann. Das hat mir auch bei meiner Ausbildung geholfen.”

Gab es Konflikte in der Gruppe? Ihr wart ja bunt durchgemischt.

Nein. Natürlich gab es ab und wann Diskussionen aber nichts, was in Klassen nicht völlig normal wäre. Es war wirklich eine super Gruppe und wir haben alle zusammengehalten. Zum Beispiel waren die Mathematikstunden am Nachmittag für uns fürchterlich. Gemeinsam haben wir es geschafft, den Ausbildner davon zu überzeugen, die Mathematikstunden vormittags abzuhalten.

Und der Altersunterschied?

*lacht* Ja der war ja auch zwischen dem Ausbildner und mir ziemlich groß, aber ich glaube, für David (Ausbildner) war es anfangs schwieriger, jünger als sein Schüler zu sein. Aber daran haben wir uns alle schnell gewohnt. Und auch in der Gruppe hat das super funktioniert.

„Ganz egal wie alt man ist. Wenn die Gruppe passt, profitiert jeder davon.”

Ich hab den Jüngeren gezeigt, wie man Pläne liest, das konnte ich noch von früher, und sie haben mir in Mathe weitergeholfen.

Zur Ausbildung im TAZ gehört ja auch ein Praktikum. Wie war das?

Puh, als ich am ersten Tag in der Werkhalle stand, war ich mir sicher, dass das nichts wird. In der Theorie ist das dann doch anders als wenn du vor diesen riesigen Maschinen stehst. Mein dortiger Vorgesetzter, der wieder sehr jung war, meinte lachend zu mir: „Warte nur ab, das wird von Tag zu Tag besser.“ Und genau so war es auch.

An einer Weiterbildung teilzunehmen heißt ja auch, auf das reguläre Gehalt einer 40h Woche zu verzichten. Wie bist du über die Runden gekommen?

Während der Kursmaßnahme im TAZ wird man finanziell vom AMS unterstützt und meine Frau hat zum Glück auf ein gutes Einkommen. Geldsorgen hatte ich zum Glück keine.

„Zu wissen, dass ich finanziell abgesichert bin, hat sicher auch vieles leichter gemacht.”

Du hast dann problemlos deine Lehrabschlussprüfung geschafft und auch gleich zu arbeiten begonnen. Wie ist es dann weiter gegangen?

Direkt nach der Prüfung und der doch auch fordernden Zeit der Ausbildung wieder voll ins Arbeitsleben einzusteigen, war rückblickend betrachtet ein Fehler. Ich erlitt einen Rückfall und begann wieder mit meiner Depression zu kämpfen. Doch diesmal ging ich gleich in die Tagesklinik und war dann für insgesamt acht Wochen im Krankenstand.

Ist dir der erneute Wiedereinstieg gelungen?

Ende Mai war ich soweit, dass ich wieder arbeiten konnte und wollte. Das habe ich dann auch bei meiner Betreuerin bei der Arbeitsassistenz gemeldet. Die Arbeitsassistenz ist ein gutes System, das Menschen bei der Arbeitssuche unterstützt und den potenziellen Arbeitgeber_innen die Gesamtsituation vermittelt.

Einfach nur warten, bis meine Betreuerin etwas für mich findet wollte ich dann aber auch nicht und so hab ich mich selbst umgesehen und eine interessante Stelle gefunden. Da hab ich dann gestern angerufen und war heute, vor unserem Interview, zum Vorstellungsgespräch. Und ja, morgen werde ich wieder anfangen zu arbeiten.

Abschließend, was ist dein Rat an uns?

„Auch wenn das Lernen ab einem gewissen Alter mühsam sein kann, es geht alles!”

Solange man an sich glaubt und respektiert, dass man auch zu Hause, nach der Schule, etwas tun muss.

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Wiedereingliederungsteilzeit

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Nach einem längeren Krankenstand (mind. 6 Wochen) ist die Rückkehr an den Arbeitsplatz oft schwierig. Um Rückfälle zu vermeiden und einen sanfteren Wiedereinstieg in den Berufsalltag zu ermöglichen, gibt es ab 1. Juli 2017 die Wiedereingliederungsteilzeit (WIETZ).

Welche Schritte muss ich unternehmen, um in Wiedereingliederungsteilzeit gehen zu können?

  • Sprich mit deinem Arbeitgeber/ deiner Arbeitgeberin, ob er oder sie dir eine Wiedereingliederungsteilzeit ermöglicht. Gibt es grünes Licht aus deinem Unternehmen, stellt sich die Frage, wer die arbeitsmedizinische Abklärung vornimmt. Das kann eine Ärztin oder ein Arzt im Betrieb oder bei Fit2Work sein.
  • Gemeinsam mit Arzt und Arbeitgeber erstellst du einen Wiedereingliederungsplan. Auf der Basis des Wiedereingliederungsplans schließt du mit deinem Arbeitgeber eine Wiedereingliederungsteilzeit-Vereinbarung. Dabei muss der Betriebsrat einbezogen werden, sofern vorhanden.
  • Schicke den Wiedereingliederungsplan, die Wiedereingliederungs-Vereinbarung und die ärztlichen Befunde an deine Krankenversicherung und beantrage das Wiedereingliederungsgeld. Das geht ganz formlos mit einem Satz und kann auch von Fit2Work erledigt werden, falls du dort betreut wirst.
  • Der chefärztliche Dienst deiner Krankenkasse prüft, ob alle Voraussetzungen passen und informiert dich, ob du die Leistung bekommst.

Hilfreiche Links:

·         Wiedereingliederungsteilzeit AK-Salzburg

Zuletzt aktualisiert am: 22.10.2020

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von Carmen Bayer
Carmen Bayer

Über die Autorin

Carmen Bayer

Carmen Bayer, Sprecherin der Salzburger Armutskonferenz, wundert sich oft über gesellschaftliche Entwicklungen und schreibt darüber. Nebenher studiert sie Politikwissenschaften und verbringt ihre freie Zeit bevorzugt mit Büchern, Musik und sehr gerne auch mit gutem Essen. Sprachlos ist sie eher selten.

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