Vorbereitungskurse für die Lehrabschlussprüfung

„Wir haben Kursteilnehmer:innen aus allen sozialen Schichten und mit unterschiedlichen Vorgeschichten. Die Abbruchquote im Zweiten Bildungsweg ist sehr gering.“ (Robert Moser, BFI)

Viele Wege führen zum Lehrabschluss, auch für Menschen im Erwachsenenalter. Um die Vorbereitung zur Lehrabschlussprüfung zu erleichtern, bieten verschiedene Bildungseinrichtungen in ganz Österreich zielgerichtete Kurse für Menschen ab 18 Jahren an. Eine abgeschlossene Lehre bringt jedenfalls viele Vorteile: deutlich bessere Chancen am Arbeitsmarkt, ein höheres Gehalt, Berufsschutz, die Möglichkeit der Höherqualifizierung und last but not least: die Berechtigung zur Teilnahme an der Berufsreifeprüfung. 

Von Dagmar Ziegler |
Vorbereitungskurs Lehrabschlusspruefung

Wir haben über den Lehrabschluss für Spätberufene mit Robert Moser gesprochen. Er ist fachlicher Leiter für die Lehrlingsausbildung für kaufmännisch-administrative Berufe am BFI in Salzburg. Herr Moser weiß, wovon er spricht. Er hat, trotz absolvierter AHS Matura und reichlich beruflicher Erfahrung in verschiedenen Leitungspositionen in der Privatwirtschaft, mit 50 Jahren selbst die Lehrabschlussprüfung zum Bürokaufmann nachgeholt. Von diesen Erfahrungen und seiner Unterstützung profitieren in erster Linie die Kursteilnehmer:innen.

Herr Moser, was genau ist die Lehrabschlussprüfung im Zweiten Bildungsweg und wie läuft das ab?

Die Lehrabschlussprüfung im Zweiten Bildungsweg steht Menschen, die in ihrem Leben noch keine Lehrabschlussprüfung abgelegt haben, Lehrabbrecher:innen und Umsteiger:innen zur Verfügung. Voraussetzung ist eine mindestens 18-monatige einschlägige Berufserfahrung. Die Inhalte der Berufsschule werden in den Vorbereitungskursen in zwei Semestern unterrichtet. Man kann die Prüfung jedoch auch ohne vorbereitende Kurse machen. Dann muss man die 18-monatige einschlägige Praxis nachweisen und um Genehmigung zur externen Prüfung ansuchen. Das BFI bietet auch Blended Learning Formen an – eine Mischung aus Präsenzkursen und Online-Learning. Wer sich im Selbststudium mit unterstützendem Coaching vorbereiten möchte, hat auch die Möglichkeiten des E-Learnings am BFI - ortsunabhängig von überall.

Robert Moser BFI.

Robert Moser, fachlicher Leiter für die Lehrlingsausbildung für kaufmännisch-administrative Berufe am BFI in Salzburg

Zitat Robert Moser

Warum würden Sie die Lehrabschlussprüfung im Zweiten Bildungsweg empfehlen?

Es ist eine Form der Selbstaufwertung. Ebenso steigt mein Wert bei den Arbeitgeber:innen und damit auch wieder mein monetärer Wert. Wenn ein Unternehmen die Auswahlmöglichkeit hat, entscheidet es sich im Normalfall für die Person mit abgeschlossener Ausbildung. Viele große Unternehmen fördern ihre Mitarbeiter:innen, die Lehrabschlussprüfung zu machen. Denn gut ausgebildete Leute können danach übernommen und besser eingesetzt werden.

Wer sind die Teilnehmer:innen in den Vorbereitungskursen zur Lehrabschlussprüfung?

Ich kann nur für den kaufmännisch-administrativen Bereich sprechen. Die jüngsten Kursteilnehmer:innen sind 18. Ein Höchstalter gibt es nicht. Heuer ist eine 56-jährige Frau in meinem Kurs.

Auch die Motivation, die Lehrabschlussprüfung im Zweiten Bildungsweg zu machen, ist ganz unterschiedlich. Da wäre z.B. die gelernte Frisörin aus dem Pongau, die nach der erfolgreich absolvierten Unternehmerprüfung beschließt, den Lehrabschluss als Bürokauffrau nachzuholen. Sie sagt, das würde sie interessieren und sie habe jetzt den richtigen Elan. Dieser Frau stehen jetzt viele Möglichkeiten offen. Wir haben auch Menschen mit Migrationshintergrund, zum Beispiel geflüchtete Personen, die ihren Lehrabschluss in Österreich nachholen möchten. Dazu muss man natürlich ausreichend Deutsch können, denn die Kurse werden in Deutsch abgehalten. Viele unserer Teilnehmer:innen sind auch Wiedereinsteiger:innen. In meinem Kurs sind aktuell zwei Personen, die sich den Kurs selbst zahlen, weil sie ihr Wissen nach der Karenz auffrischen möchten. Die meisten Teilnehmer:innen kommen über AQUA (Arbeitsplatznahe Qualifizierung). Sehr viele große Unternehmen nutzen AQUA und schicken uns jede Menge Lehrlinge.

Was sind aus Ihrer Sicht die Vorteile einer Lehre?

In der Schule wird die Praxis oftmals vernachlässigt und Allgemeinbildung kann man auch als Lehrling erhalten, das hängt stark vom Lehrbetrieb ab. Der Lehrberuf gehört gesellschaftlich aufgewertet – doch leider sagen viele Eltern: „Mein Kind geht ins Gymnasium!“.

Zitat

Lehrlinge werden jedenfalls überall gebraucht und händeringend gesucht.

Wie bauen sie Ihren Unterricht auf?

Da ich selbst die Lehrabschlussprüfung im Zweiten Bildungsweg gemacht habe, habe ich beide Perspektiven. Ich weiß aus eigener Erfahrung wie die Prüfung abläuft, darum kann ich unseren Leuten eine gute praktische Unterstützung bieten und auch den einen oder anderen Tipp für die Prüfungsvorbereitung geben. Mir ist es aber vor allem wichtig, den Teilnehmer:innen bewusst zu machen, wie eng ihr tägliches Tun mit den kaufmännischen Inhalten zu tun hat. Zum Beispiel, dass wir alle täglich viele Kaufverträge abschließen, in dem man sich einen Kaffee am Automaten kauft, oder ein Parkticket löst.

Zitat

Für die Lehrabschlussprüfung sind zu 80 Prozent Verständnis und zu 20 Prozent Lernen wichtig.

Als Kursleiter geht es mir in erster Linie um die Vermittlung von Zusammenhängen und um das Mitdenken im täglichen Leben. Ich versuche auch abseits des Lernstoffes eine wichtige Ansprechperson für unsere Kursteilnehmer:innen zu sein.

Zitat

In meinen Kursen wird sehr viel gelacht.

Für mich steht stets das Menschliche im Vordergrund, denn so lernt es sich am besten. Humor, Gerechtigkeit und Menschlichkeit sind wichtig in meiner Arbeit als Kursleiter.

Vielen Dank für das Gespräch!

CC BY

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von Dagmar Ziegler
Dagmar Ziegler, Redaktion Bildungsbuch Blog

Autorin

Dagmar Ziegler

Dagmar ist als selbständige Texterin, Moderatorin und Kommunikationsberaterin tätig. Für das Bildungsbuch ist die Salzburgerin immer auf der Suche nach spannenden Geschichten, die Mut machen, neue Wege zu gehen.

InfoboxLehre für Erwachsene

Inhalt anzeigen

Eine Lehre ist grundsätzlich in jedem Alter möglich, wenn die Schulpflicht erfüllt wurde (9 Jahre).

Wenn Erwachsene sich für eine Lehre entscheiden, können sich die Rahmenbedingungen für die Ausbildung jedoch verändern.

Wenn Personen bei Ausbildungsbeginn über 18 Jahre alt sind, können folgende Wege passend sein:

  • Ausnahmsweise Zulassung zur Lehrabschlussprüfung:
    für Erwachsene, die die erforderlichen Fertigkeiten und Kenntnisse im angestrebten Lehrberuf nachweisen können (z.B. mit einschlägiger Anlern- oder Hilfskrafttätigkeit mindestens im Ausmaß der Hälfte der Zeit für den entsprechenden Lehrberuf)
  • eine verkürzte Lehrzeit:
    für Personen mit Fachschulabschluss, anderem Lehrabschluss oder Matura
  • Projekt "Du kannst was!" der Arbeiterkammern Österreich (außer Niederösterreich):
    für Personen, über 22 Jahre, mit mehrjähriger Berufserfahrung, die in einem 4-stufigen Verfahren für eine begrenzte Liste an Lehrberufen unkompliziert zu einem Lehrabschluss kommen können. https://sbg.arbeiterkammer.at/dukannstwas
  • "Duale Akademie" der Wirtschaftskammer Österreich:
    für AHS-Maturant:innen, die in zwei bis maximal drei Jahren eine maßgeschneiderte Ausbildung zur Fachkraft mit Lehrabschluss aus einer Liste an zukunftsorientierten Berufen erhalten. https://www.dualeakademie.at/salzburg/home.html

Fördermöglichkeiten:

Je nach Alter, Erwerbstätigkeit, Bildungsabschluss etc. gibt es für Personen über 18 Jahre unterschiedliche Möglichkeiten, die Lehrausbildung zu fördern (z.B. durch AMS oder WKO). Zudem kann eine Lehre auch im Rahmen der arbeitsplatznahen Qualifizierung (AQUA) absolviert werden, wo die Kosten für die Deckung des Lebensunterhalts gesichert sind.

Für die Förderung ist es nötig, beim AMS lehrstellensuchend gemeldet zu sein.

Ergänzung Salzburg:
Für einen umfassenden Überblick über deine Fördermöglichkeiten bitte Kontakt bei der BiBer Bildungsberatung www.biber-salzburg.at und unter BILDUNGSLINE: 0800 208 400 // frage@bildungsberatung-salzburg.at

Ergänzung Kärnten: 
Kontakt bei WKO: Daniela Wilhelmer - Mitarbeiter:in - WKO
Kompetenz mit System (KmS) » Ausbildung nachholen | AMS

Weitere Informationen:
Lernunterlagen: Home - lap.at

(Erstellt am 25.03.2024 von Laura Eder, BA, BiBer Bildungsberatung, ergänzt 2025 von den Netzwerken in den Bundesländern)

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InfoboxAltersteilzeit

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Mit der Altersteilzeit können ältere Arbeitnehmer:innen ihre Arbeitszeit reduzieren, ohne negative Auswirkungen auf die künftige Pensions- oder Abfertigungshöhe.

Die Beiträge zur Kranken-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung werden vom Arbeitgeber/der Arbeitgeberin weiter in der bisherigen Höhe bezahlt.

Die Altersteilzeit ermöglicht einen gleitenden Übergang in die Pension.

Voraussetzungen:

  • Vereinbarung mit dem Arbeitgeber/der Arbeitgeberin (kein Rechtsanspruch)
  • Verringerung der Wochenarbeitszeit um 40 bis 60 %
  • ca. 50 % des Lohnverlustes wird über das Altersteilzeitgeld des AMS ausgeglichen
  • vor Beginn der Altersteilzeit muss die Beschäftigung mind. 60% der kollektivvertraglichen wöchentlichen Normalarbeitszeit betragen (für die Dauer von 12 Monaten)
  • frühestmöglich Antritt: 5 Jahre vor Regelpensionsalter (gilt bis Ende 2025, danach reduziert sich der frühestmögliche Antritt stufenweise auf 3 Jahre ab 2029)
  • mind. 15 Jahre arbeitslosenversicherte Beschäftigung in den letzten 25 Jahren (stufenweise Erhöhung auf 17 Jahre bis 2029)

2 verschiedene Modelle:

  • Kontinuierliche Altersteilzeit: wöchentliche Reduzierung der Arbeitszeit für die gesamte Laufzeit
  • Geblockte Altersteilzeit: auf einen Block Normalarbeitszeit folgt eine Freizeitblock (dieser darf nicht länger als 2,5 Jahre dauern). Für die Freizeitphase muss eine Ersatzarbeitskraft eingestellt werden. Dieses Modell läuft 2029 aus.

Vorteile:

  • Arbeitnehmer:innen können länger in Beschäftigung gehalten werden
  • ein Teil des Gehalts wird durch das Altersteilzeitgeld des Arbeitsmarktservice finanziert

Links:

Altersteilzeitrechner AK

Altersteilzeit Info AK

Altersteilzeit österreich.gv.at

AMS Altersteilzeitgeld

WKO Altersteilzeit

ÖGB Altersteilzeit

Erstellt am: 12.11.2025 von BiBer Bildungsberatung