Pionier_innen des Engagements: Plattform gegen Atomgefahren

"Durch das Engagement bleibt mir immerhin die Möglichkeit, Dinge zu verändern und dabei meinen Seelenfrieden zu behalten."

Wir fragen Salzburger_innen nach ihren Gründen, um für eine Sache einzutreten und aktiv zu werden.

von Carmen Bayer | | Einblicke Lest mehr zum Thema:
Serie: Pionier_innen des Engagements, Anders*Denken, Freiwilligenengagement
Anti Atom Interview

Gemeinsam mit der Robert-Jungk-Bibliothek haben wir das große Glück, Pioniere und Pionierinnen der Anti-Atom, Umwelt-, Frauen-, Menschenrechts- und Friedensbewegung sowie der freien Kulturszene in Salzburg kennen zu lernen.

Der erste Gast von Brigit Bahtic-Kunrath (JBZ) und Stefan Wally (JBZ) war Heinz Stockinger, Obmann und Sprecher der PLAGE (Plattform gegen Atomgefahren). Heinz Stockinger ist seit den 70er Jahren gegen Atomkraft aktiv und hat dementsprechend viele Erfahrungen mit den Höhen und Tiefen des Engagements sammeln können.

Wenn der Schalter fällt

Zwischen Interesse an einer Thematik und dem ernsthaften Engagement dafür können Welten liegen. Heinz Stockinger war als Student eigentlich nicht der Typ, der sich auf Demonstrationen verausgabt, auch die 68er Bewegung hat ihn wenig beeinflusst. „Ich war mit meinem Studium und meinem Leben ganz allgemein einfach viel zu zufrieden und fand wenige Gründe mich zu empören.“

Dann führte jedoch eines zum anderen: Robert Jungk hatte den Studenten durch sein charismatisches Auftreten und seine Sprachgewandtheit schon immer beeindruckt, sein Buch „Der Atomstaat“ sollte ihm dann noch lange begleiten. Ein weiteres Buch „Der stumme Frühling“ von Rachel Carson verdeutlichte Stockinger die Brisanz der klimapolitischen Lage und weckte sein politisches Denken. 

Und eines Tages wurde er auf die Diktatur in Chile aufmerksam. Das Entsetzen über die autoritäre Regierung in Chile, dass ein Mann so viel Macht besitzt und gute, positive Entwicklungen einfach zerstört, war groß genug, um den jungen Studdenten zu seiner ersten Demonstration, seinem ersten politischen Engagement, zu bewegen.  

„Es war ein Überspringen einer gewissen Mauer”

Seine erste Anti-Atom Demonstration war 1977 am Baugelände vor dem „eh schon fast fertigen Kraftwerk Zwentendorf“. Die Atmosphäre im Zug dorthin, der Geist und die Ausstrahlung aller Beteiligten, der gemeinsame Wille zum Positiven gegenüber dem, was die Atomindustrie repräsentiert.

„Es hat mich erfasst.”

All das, die einzigartigen Persönlichkeiten, das Musizieren, die parteiübergreifende Gemeinschaft, diese kunterbunte Einheit gegen die Atomindustrie und damit auch gegen Atomwaffen, das hat etwas ausgelöst. 

Heinz Stockinger erzählt, wie er zur PLAGE gekommen ist und was ihn immer weiter kämpfen lässt. 

Beruf, Familie und Engagement – ein Balanceakt?

Besonders in Intensivphasen rund um Wackersdorf oder Tschernobyl war die Belastung enorm hoch: Vorträge gegen Atomenergie halten, der Arbeit an der Uni gewissenhaft nachzugehen und der Familie, ebenso Zeit und Aufmerksamkeit zu schenken. Eine Dreierbelastung, die zur Zerreißprobe werden kann. 

„Wenn ich zu dieser Zeit nicht einmal die Woche Fußball gespielt hätte, dabei an nichts denken musste und alles ausschwitzen konnte – ich glaube, es gäbe mich heute nicht mehr.”

Nichtdestotrotz lernte der resistente Pionier in dieser Zeit seine Konzentrationsfähigkeit zu perfektionieren. Denn, wenn er die Zeit, die er für Engagement, Arbeit oder Familie zur Verfügung hatte, nicht zu 100% genützt hätte, wäre er mit seinen Aufgaben nur zu leicht ins Chaos abgedriftet. 

Wie bleibt man engagiert?

Wie schafft man es, trotz Familie und Beruf weiterhin engagiert zu bleiben? Heinz Stockinger sieht das pragmatisch, sein Tipp: 

„Mach dich nicht vom Erfolg abhängig.”

Näher ausgeführt kann man es so betrachten: Wenn du erst ein Bewusstsein für ein Problem entwickelt hast, trägst du es immer mit. Du kannst es entweder verdrängen, dich mit Ersatzbefriedigungen ablenken und mit dieser Unzufriedenheit in deinem Bauch leben. Oder du tust etwas dagegen. Denn, so Stockinger: 

„Wenn ich agiere habe ich wenigstens ein Ventil und kann, mal größere mal kleinere, Erfolge erzielen. Wenn ich aber nichts tue, dann kann ich auch nichts bewegen und habe immer einen Frust. Durch das Engagement bleibt mir immerhin die Möglichkeit, Dinge zu verändern und dabei meinen Seelenfrieden zu behalten.”

TIPP: 

Die Interviews und mehr spannende Themen der Robert-Jungk-Bibliothek kannst du bei Radio Bob nachhören

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von Carmen Bayer
Carmen Bayer

Über die Autorin

Carmen Bayer

Carmen Bayer, Sprecherin der Salzburger Armutskonferenz, wundert sich oft über gesellschaftliche Entwicklungen und schreibt darüber. Nebenher studiert sie Politikwissenschaften und verbringt ihre freie Zeit bevorzugt mit Büchern, Musik und sehr gerne auch mit gutem Essen. Sprachlos ist sie eher selten.

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