Studieren mit Kind - ist das zu meistern?

44 Tage Schlaf im Jahr verlieren, 6000 Windeln jährlich wechseln, 200 Euro weniger im Monat. Das sagt die Statistik über Studierende, die sich für Studieren mit Kind entscheiden.

Von Stefanie Ehrschwendtner |
2017 09 25 iStock

Work life balance – diese geflügelte Phrase bekommt eine völlig neue Bedeutung, meldet sich während des Studiums Nachwuchs an. Dank des Herumschleppens von schweren Fachliteratur-Schmökern ist der Bizeps soweit trainiert, dass Babytrage und Laptop unter Ächzen und Keuchen von A nach B transportiert werden können. Wenn man dann, (natürlich verspätet) das liebe Kleine gerade bei einer kompetenten Kinderbetreuerin alias Mutter/ Schwiegermutter/ Tagesmutter/ Freundin (man beachte die Wortendungen – die männliche Form fehlt bewusst) abgeben möchte, bemerkt man, dass das Lieblingsschnuffl-Tier gemütlich daheim über dem Gitterbettrand lümmelt. Gefährliches Zittern der Unterlippe beim Sonnenscheinchen bringt einen dazu in Windeseile heimzurasen, Schnuffl zu holen und dann erst weiter in die Uni zu hetzen.

Hier wird der Vorlesungssaal mit hochrotem Kopf und einer ordentlichen Verspätung erreicht und – verdammt! Heute war ja Referatstermin...Macht nichts! „Bestens vorbereitet“ stellt man sich vor die ganze Gruppe und gibt sein Bestes, um im Nachhinein festzustellen, dass man sich der gesamten Mannschaft mit Karottenbrei-verziertem Shirt präsentiert hat...Aber - man quält sich doch gerne erschöpft, verschwitzt und das eine oder andere Strafmandat wegen zu schnellem Fahrens ärmer, durch den Berufsverkehr und holt seinen Schatz ab, um dann noch für die Prüfung am nächsten Tag zu lernen. Denn Wissen ist schließlich Macht und wenn dich dein Sonnenscheinchen nur einmal anlächelt, ist doch der ganze Stress vergessen.

Befragt man (studierende) Jungmütter, was sie sich am meisten auf dieser Welt wünschen, antworten garantiert 98% mit: eine Nacht durchschlafen und eventuell 72 Stunden Tageszeit. Jedenfalls wäre das meine Antwort, denn ich bin eine von ca. 25 000 Menschen in Österreich, die sich dazu entschieden haben diese Doppelbelastung „Studieren und Kind“ zu wagen. Ich habe festgestellt, dass es eine große Herausforderung ist und einer guten Organisation bedarf. Da ich noch am Anfang dieser Schwierigkeit stehe und mich frage, ob ich die Einzige bin, die mit der ein oder anderen Schwierigkeit zu kämpfen hat, befrage ich eine Freundin meines Vertrauens, die diese Hürde schon hinter sich und (meiner Meinung nach) grandios gemeistert hat.

Interview

Daniela S. – Bachelor in Psychologie, (mittlerweile) zwei Kinder (vier Jahre, zwei Monate):

Was war zuerst da – Uni oder Kind?
Kind. Ich begann zu studieren, als mein (erster) Sohn ein Jahr alt war.

Warum hast du trotz Kind beschlossen, mit dem Studium zu beginnen?
Um ehrlich zu sein, ich habe mich etwas gelangweilt. Ich habe eine Herausforderung gesucht und wollte auch intellektuell wieder mehr gefordert sein. Außerdem finde ich es gut, wenn ich zu meinem ersten Beruf (Kindergartenpädagogin) noch ein zweites Standbein habe.

Hast du es dir so vorgestellt?
Nein! Ich hatte relativ wenig Ahnung über Arbeitsintensität und Zeitaufwand eines Studiums und dachte, dass Studieren mit einem Kind einfacher zu vereinbaren wäre.

Was ist das Schwierigste am Studieren mit Kind?
Man hat immer nur dann Zeit für die Uni, wenn das Kind schläft oder man einen Babysitter hat. Das spontane Arbeiten fällt weg, da sich alles nach dem Kind richtet.

Wenn du erneut vor die Wahl gestellt werden würdest – wie würde deine Entscheidung (mit all dem jetzigen Wissen) heute ausfallen?
Wieder gleich. Die positive Rückmeldung, die Erfolgserlebnisse und das Gefühl etwas geschafft zu haben, bereichern so, dass ich es wieder gleich machen würde. Ich würde mir nur etwas mehr Zeit dabei lassen! 

CC BY

Dieser Text ist unter CC BY 4.0 International lizenziert.

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von Stefanie Ehrschwendtner

Autorin

Stefanie Ehrschwendtner

Bildungsverrückt, lebensbeglückt, von Manchem entzückt. Regt sich aber auch gerne auf und träumt sich in die Ferne. Mag ihre Arbeit als Sozialarbeiterin und Sommer und Bücher Bücher Bücher.

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InfoboxVerkürzte Lehre für Maturant:innen

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Eine Lehre nach der Matura hat so manche Vorteile. Der wohl wichtigste ist die Verkürzung der Lehrzeit um ein Jahr. Wobei das nur bei Lehrausbildungen, die länger als zwei Jahre dauern, möglich ist. Zudem werden oft Fächer, die bereits mit der Reifen-und Diplomprüfung abgelegt wurden in der Berufsschule angerechnet und/oder sogar als Ersatz der gesamten Lehrzeit angesehen. 

Für ganz Österreich gilt: Die Verkürzung findet so statt, dass sich die jeweiligen Lehrjahre reduzieren:

  • Bei Verkürzung von dreijährigen Lehrberufen ist das pro Lehrjahr ein Drittel: Statt 12 Monaten dauert jedes Lehrjahr nur 8 Monate.
  • Bei vierjährigen Lehrberufen werden die ersten beiden Lehrjahre ebenfalls auf 8 Monate verkürzt, die letzten beiden auf 10 Monate (8-8-10-10 Monate). 
  • Bei 3,5-jährigen Lehrberufen bleibt das letzte Halbjahr unverändert (8-8-8-6 Monate).

Lehrlingseinkommen bei verkürzter Lehrzeit

Bei einer verkürzter Lehrzeit gibt es Sonderregelungen: Diese können sich aus dem jeweiligen Kollektivvertrag oder aus Vorgaben eines Fördermodells ergeben.

Als Grundregel bei verkürzter Lehrzeit gilt, dass sich das Lehrlingseinkommen an die Verkürzung der Lehrjahre anpasst:

  • Bei dreijährigen Lehrberufen gibt es daher für die ersten 8 Monate das Einkommen des 1. Lehrjahres, für die zweiten 8 Monate den Betrag für das zweite Lehrjahr und für die letzten 8 Monate gilt der Lohn des dritten Lehrjahres.
  • Oft wird bereits im ersten Lehrjahr das Einkommen für das zweite Lehrjahr bezahlt.
  • Für über-18-jährige Lehrlinge ist in manchen Kollektivverträgen ein erhöhtes Lehrlingseinkommen verpflichtend vorgesehen. Auch aus Förderrichtlinien kann sich ein höherer Betrag ergeben.

Weiterführende Links:

Berufsschule bei verkürzter Lehrzeit
Die Umsetzung der verkürzten Lehrzeit in der Berufsschule hängt vom jeweiligen Lehrberuf ab: In einigen Lehrberufen gibt es bereits eigene Klassen für Lehrlinge mit verkürzter Lehrzeit, die auf die abweichende Dauer der einzelnen Lehrjahre abgestimmt sind.

Dies ist derzeit in Wien in folgenden Berufen der Fall: Bürokaufmann/frau, Reisebüroassistent:in & Konditor:in.

In Lehrberufen, wo es keine eigenen Klassen gibt, muss die Abwicklung mit der jeweiligen Berufsschule besprochen werden. Im Regelfall können Maturant:innen eine Schulstufe der Berufsschule überspringen, sodass sich der Abschluss der Berufsschule in der verkürzten Lehrzeit ausgeht. Zusätzlich können Maturant:innen auf Antrag von einzelnen Fächern befreit werden, wenn sie bereits entsprechende Vorkenntnisse haben und diese nachweisen.

Welche Regelungen für Maturant:innen in welchen Lehrberufen genau gelten, ist je nach Bundesland etwas unterschiedlich. Zusätzlich gibt es in einigen Lehrberufen eigene Regelungen auf Kollektivvertragsbasis. Generell können die Konditionen zwischen Lehrherren/Lehrherrin und Lehrling künftig direkt vereinbart werden.

Hierbei gilt es zu beachten: Die Verkürzung ist nicht verpflichtend, es kann auch die normale Lehrzeit vereinbart werden.

TIPP: Ein Besuch bei der Bildungsberatung kann dir helfen, die genauen Voraussetzungen für dein Bundesland schnell und einfach zu finden.

Zuletzt aktualisiert am 3.7.2024 von BiBer Bildungsberatung