Wir haben ein Problem

Es geht uns so gut wie noch nie – statistisch gesehen.

Und dennoch wird ständig gejammert und nach besseren Alternativen Ausschau gehalten? Warum eigentlich?

Von Carmen Bayer |
iStock Photosiber Glueck

Ein normaler Tag, eigentlich ist alles genau so, wie es sein sollte. Und dann passiert es, irgendein Missgeschick und alles ist plötzlich grau, zu wenig, nicht das, was du immer wolltest. Der Tag ist gelaufen und deine gute Laune im Keller.

Woher kommt diese allumfassende Unzufriedenheit? Und wenn wir schon beim Thema sind, warum wird als Antwort auf die Frage: "Wie geht es dir?",  fast immer nur gejammert?

Ist das wirklich noch die charmante, österreichische Suderei oder haben wir ein Problem?

Wer die Wahl hat …

Es beginnt beim Versuch, die perfekte Marmelade aus den gefühlt Hunderten im Regal herauszufiltern, und endet bei der Wahl des/der idealen Parter_in und der Suche nach dem Traumjob.  

Aber zurück zur Marmelade: Entscheide ich mich für Marille kannst du dir sicher sein, dass ich mich am nächsten Morgen in der Büroküche gräme, nicht doch Himbeere gekauft zu haben. Ein Blick auf Scheidungsraten oder Tinder und es werden einige Parallelen zum Marmeladeproblem sichtbar: Denn mit den schier endlosen Wahlmöglichkeiten wird die Sorge, sich falsch entschieden zu haben, allgegenwärtig.

Und das habe ich mir nicht ausgedacht, weil ich missmutig in mein Marillenmarmeladesemmerl beiße, nein, das Marillenmarmeladephänomen ist tatsächlich bekannt unter dem Namen Alternativkosten. 

Alternativkosten sind alle anderen, fruchtigen Marmeladesorten, welche ich zugunsten der Marille aufgegeben habe.

Mit der Auswahl steigen die Alternativkosten und damit in Folge auch die Unzufriedenheit mit der getroffenen Wahl (der Marmelade).

Bist du ein_e Maximierer_in?

Würdest du am liebsten alle Marmeladesorten einzeln testen, um dich dann für die eindeutig Beste entscheiden zu können? Du bestellst dir prinzipiell gar nichts online ohne vorab akribisch die Bewertungen studiert zu haben? Und bist du manchmal, trotz aller Recherche, unzufrieden mit deiner doch optimalen Wahl?

Wir alle sind zu einem Teil Maximierer_innen, doch manche sind es mehr und andere tendieren eher zur Genügsamkeit. Den Genügsamen unter uns ist bewusst, dass man nicht immer das Beste bekommen kann und sie schaffen es, mit ihrer Wahl zufrieden zu sein. Maximierer_innen hingegen plagen auch nach der Entscheidung noch Zweifel – sie können nicht recht damit aufhören, nach Vergleichen zu suchen.

Hätt i, tat i, war i …

Hätt i nur was Gscheides gelernt, war i jetzt nit do. WENN ich erst die Weiterbildung gemacht habe, mit dem Yoga-Kurs anfange, … DANN bin ich glücklich und zufrieden.

Unsere Ziele sind immer dort, wo wir nicht sind und in unserer Vergangenheit suchen wir nach Fehlentscheidungen, nach der Marmeladesorte, die ja so viel besser schmecken würde. Die Gegenwart lassen wir dabei vollkommen außer Acht.

Zitat

unsere Ziele sind immer dort, wo wir nicht sind

Und genau das ist es, wir stecken entweder in der Vergangenheit fest und denken an all das, was hätte sein können oder wir jagen einem Ziel nach dem anderen hinterher. "Wir verschieben unsere Lebensfreude ein Stück weit auf später – auf die Zeit, wenn wir am Ziel angekommen sind", Autorin Ina Schmidt (Das Ziel ist im Weg) sieht eben darin ein großes Problem unserer Zeit.

Also?

Der Gedanke an all die wunderbaren alternativen Lebenswege und Marmeladesorten wird uns wohl immer begleiten, das Streben nach neuen Zielen zum Glück (!!) auch, aber schon wenig Achtsamkeit dem kleinen Glück gegenüber kann so manche Suderei und Unzufriedenheit kurieren.

All jenen, die mehr über Alternativkosten, Entscheidungen und das kleinen Glück lesen wollen, empfehle ich dringend einen Blick in die Bücher:

  • Ich weiß nicht, was ich wollen soll von Bas Kast (in der Stadt:Bibliothek zu finden)
  • Das Ziel ist im Weg. Eine philosophische Suche nach dem Glück von Ina Schmidt. (Verlag: Lübbe)
CC BY

Dieser Text ist unter CC BY 4.0 International lizenziert.

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von Carmen Bayer
Carmen Bayer

Autorin

Carmen Bayer

Carmen Bayer, Sprecherin der Salzburger Armutskonferenz, wundert sich oft über gesellschaftliche Entwicklungen und schreibt darüber. Nebenher studiert sie Politikwissenschaften und verbringt ihre freie Zeit bevorzugt mit Büchern, Musik und sehr gerne auch mit gutem Essen. Sprachlos ist sie eher selten.

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InfoboxVerkürzte Lehre für Maturant:innen

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Eine Lehre nach der Matura hat so manche Vorteile. Der wohl wichtigste ist die Verkürzung der Lehrzeit um ein Jahr. Wobei das nur bei Lehrausbildungen, die länger als zwei Jahre dauern, möglich ist. Zudem werden oft Fächer, die bereits mit der Reifen-und Diplomprüfung abgelegt wurden in der Berufsschule angerechnet und/oder sogar als Ersatz der gesamten Lehrzeit angesehen. 

Für ganz Österreich gilt: Die Verkürzung findet so statt, dass sich die jeweiligen Lehrjahre reduzieren:

  • Bei Verkürzung von dreijährigen Lehrberufen ist das pro Lehrjahr ein Drittel: Statt 12 Monaten dauert jedes Lehrjahr nur 8 Monate.
  • Bei vierjährigen Lehrberufen werden die ersten beiden Lehrjahre ebenfalls auf 8 Monate verkürzt, die letzten beiden auf 10 Monate (8-8-10-10 Monate). 
  • Bei 3,5-jährigen Lehrberufen bleibt das letzte Halbjahr unverändert (8-8-8-6 Monate).

Lehrlingseinkommen bei verkürzter Lehrzeit

Bei einer verkürzter Lehrzeit gibt es Sonderregelungen: Diese können sich aus dem jeweiligen Kollektivvertrag oder aus Vorgaben eines Fördermodells ergeben.

Als Grundregel bei verkürzter Lehrzeit gilt, dass sich das Lehrlingseinkommen an die Verkürzung der Lehrjahre anpasst:

  • Bei dreijährigen Lehrberufen gibt es daher für die ersten 8 Monate das Einkommen des 1. Lehrjahres, für die zweiten 8 Monate den Betrag für das zweite Lehrjahr und für die letzten 8 Monate gilt der Lohn des dritten Lehrjahres.
  • Oft wird bereits im ersten Lehrjahr das Einkommen für das zweite Lehrjahr bezahlt.
  • Für über-18-jährige Lehrlinge ist in manchen Kollektivverträgen ein erhöhtes Lehrlingseinkommen verpflichtend vorgesehen. Auch aus Förderrichtlinien kann sich ein höherer Betrag ergeben.

Weiterführende Links:

Berufsschule bei verkürzter Lehrzeit
Die Umsetzung der verkürzten Lehrzeit in der Berufsschule hängt vom jeweiligen Lehrberuf ab: In einigen Lehrberufen gibt es bereits eigene Klassen für Lehrlinge mit verkürzter Lehrzeit, die auf die abweichende Dauer der einzelnen Lehrjahre abgestimmt sind.

Dies ist derzeit in Wien in folgenden Berufen der Fall: Bürokaufmann/frau, Reisebüroassistent:in & Konditor:in.

In Lehrberufen, wo es keine eigenen Klassen gibt, muss die Abwicklung mit der jeweiligen Berufsschule besprochen werden. Im Regelfall können Maturant:innen eine Schulstufe der Berufsschule überspringen, sodass sich der Abschluss der Berufsschule in der verkürzten Lehrzeit ausgeht. Zusätzlich können Maturant:innen auf Antrag von einzelnen Fächern befreit werden, wenn sie bereits entsprechende Vorkenntnisse haben und diese nachweisen.

Welche Regelungen für Maturant:innen in welchen Lehrberufen genau gelten, ist je nach Bundesland etwas unterschiedlich. Zusätzlich gibt es in einigen Lehrberufen eigene Regelungen auf Kollektivvertragsbasis. Generell können die Konditionen zwischen Lehrherren/Lehrherrin und Lehrling künftig direkt vereinbart werden.

Hierbei gilt es zu beachten: Die Verkürzung ist nicht verpflichtend, es kann auch die normale Lehrzeit vereinbart werden.

TIPP: Ein Besuch bei der Bildungsberatung kann dir helfen, die genauen Voraussetzungen für dein Bundesland schnell und einfach zu finden.

Zuletzt aktualisiert am 3.7.2024 von BiBer Bildungsberatung