Ein Leben im Standby-Modus?

Über 45 und arbeitslos?

Am ifz in Salzburg wird gemeinsam mit Arbeitssuchenden geforscht. Ziel ist es, hinter die Logik des Arbeitsmarktes zu blicken und aufzuzeigen, warum der Wiedereinstieg mit 45plus für viele Betroffene eine Herausforderung geworden ist.

von Carmen Bayer | | Einblicke Lest mehr zum Thema:
Arbeitslosigkeit, Arbeitssuche, Arbeitsmarkt45plus
IMG 1414

Worum geht es?

Wissenschaftliche Einrichtungen aus ganz Europa widmen sich im gemeinsamen Projekt Re-InVEST (Rebuilding an inclusive, value-based europe of solidarity and trust through social investments) der Fragestellung, welche Auswirkungen die Wirtschafts- und Finanzkrise seit 2008 auf arbeitssuchende wie auch armutsbetroffene Menschen hat. Ein besonderer Blick wird hierbei auf die Idee sozialer Investitionen der EU (Social Investment Package) gerichtet.

Elisabeth Buchner gibt Einblicke in die Forschungsarbeit am ifz

Probleme aufzeigen

Das Salzburger Team des internationalen Forschungszentrums für soziale und ethische Fragen, kurz ifz, hat sich dafür entschieden, die Situation älterer Arbeitssuchender genauer zu beleuchten. Die Untersuchung wurde in zwei Projektphasen aufgeteilt. Für die erste Phase haben sich die Forscher_innen gemeinsam mit neun 45+ arbeitssuchenden Personen in vier Workshops den Fragen:

  • „Wie hat sich die Krise auf das Wohlergehen (Rechte und Handlungsspielraum) älterer Arbeitssuchender in Salzburg ausgewirkt?“
  • „Inwiefern hat die Politik die Krise durch soziale Investitionen abgeschwächt?", gewidmet.

Die Ergebnisse aus dem ersten Durchgang verdeutlichen, dass die Krise im Allgemeinen in Österreich gut aufgefangen wurde, sich jedoch besonders für ältere Arbeitssuchende die Integrationsmöglichkeiten in den Arbeitsmarkt erschwert haben – sie finden sich immer stärker in einem „Leben im Standby-Modus“ wieder.  Der eingeschränkte Handlungsspielraum aufgrund der Arbeitslosigkeit und die „Bittstellerposition“ den staatlichen Institutionen gegenüber bewirken ein Gefühl der Ohnmacht, während zugleich der Druck eine Arbeit zu finden über allem steht.

Bei den gemeinsamen Gesprächen mit den Co-Forscher_innen schwingt ein klammes Gefühl mit. Eine inzwischen arbeitende Co-Forscherin erzählt mir von dem permanenten Unbehagen, ihren Arbeitsplatz wegen kleinerer Fehler an Jüngere zu verlieren.

Das Team von Re-InVEST Salzburg stellt sich vor.

Arbeitssuchende werden zu Co-Forscher_innen

Auf Basis der Ergebnisse des ersten Forschungsdurchganges wurde in der zweiten Phase die tatsächliche Wirksamkeit der Maßnahmen von Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, beispielsweise die Beschäftigungsinitiative 50+, untersucht. Hierfür erklärten sich drei Teilnehmer_innen der vorangegangen Workshops bereit, sich am ifz zu Co-Forscher_innen ausbilden zu lassen und an den Untersuchungen aktiv mitzuwirken.

Ziel war es, nicht über Betroffene sondern mit ihnen zu forschen – partizipative Aktionsforschung nennt sich diese Vorgehensweise.

Gemeinsam mit den beiden Wissenschaftlerinnen wurden AMS-Mitarbeiter_innen wie auch Führungskräfte interviewt sowie Gruppendiskussionen mit älteren Arbeitslosen durchgeführt. Bei dieser Vorgehensweise wurden bewusst beide Seiten des Schreibtisches berücksichtigt, um zu dem Ergebnis zu gelangen, „dass zwar viel Geld für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen für Ältere aufgewendet wurde („Beschäftigungsinitiative 50+“), jedoch kaum für langfristige, sozialinvestive und bedarfsorientierte Maßnahmen. Stattdessen ging der Trend zu kurzfristiger Beschäftigungsförderung durch Subventionen vor allem für Arbeitgeber.“ ifz-Broschüre)

Anerkennung, Respekt, mehr Miteinander - bescheidene Wünsche für einen fairen Arbeitsmarkt.

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Maßnahmen von Arbeitsmarkt – und Sozialpolitik weiter entwickeln werden. Das notwendige Umdenken sollte aber auch im Kleinen beginnen, im wertschätzenden Umgang miteinander, darin, einander offen gegenüberzustehen und der Bereitschaft voneinander zu lernen. Frei von Altersgrenzen und Vorurteilen.

Trotz allem haben Karin, Michaela und Helmut nie ihr Lachen verloren.

(c) Carmen Bayer/Neztwerk Bildungsberatung Salzburg

Du willst noch mehr Infos?

Die Bildungsline gibt Antworten

Neue Bildungswege warten im Netzwerk Bildungsberatung.

Kostenfreie Informationen & Beratung:

CC BY

Dieser Text ist unter CC BY 4.0 International lizenziert.

von Carmen Bayer
Carmen Bayer

Über die Autorin

Carmen Bayer

Carmen Bayer, Sprecherin der Salzburger Armutskonferenz, wundert sich oft über gesellschaftliche Entwicklungen und schreibt darüber. Nebenher studiert sie Politikwissenschaften und verbringt ihre freie Zeit bevorzugt mit Büchern, Musik und sehr gerne auch mit gutem Essen. Sprachlos ist sie eher selten.

Teilen auf: