Enttäuscht vom Traumberuf

Was, wenn der Traumberuf doch nicht so traumhaft ist?

Unsere Autorin wollte sich lange nicht eingestehen, dass die im falschen Job gelandet ist. Was ihr geholfen hat, kannst du jetzt nachlesen: 

Von Stefanie Ehrschwendtner |
20217 05 24iStock dean drobot 17 05 24. bea

„Steffi – kannst du mal kurz…ich glaub der Moritz hat sich grad übergeben...und wo is eigentlich die Sophie?!“ Diese Sätze drängen durch unglaublich lautes Geschrei von besagtem Moritz an mein Ohr, ich spüre wie eine kleine Hand zaghaft an meinem T-Shirt rupft. Puh die Sophie… die hab ich auch schon lange nicht mehr gesehen.

Erstmal Kübel und Wischer geholt und gleichzeitig auch noch den Versuch gestartet, alle um den Tisch sitzenden Kinder zu beruhigen. Irgendwas in der Art von „Ja, ja, ist ja nicht so schlimm!“, kommt eher semiglaubhaft über meine Lippen, während ich frischen Mutes den Putzlappen durch die zurückgegessene Jause des kleinen Moritz schwinge.

Erst jetzt bemerke ich, dass das zaghafte Händchen immer noch an mir zupft. Ich drehe mich um, blicke in weit aufgerissene blaue Augen, die sich schon fast halb mit Tränen gefüllt haben. „Und und und wann kommt eigentlich meine Mama?!“, fragt mich die kleine Jelena, bevor auch sie sich einem Weinanfall hingibt, der damit endet, dass ihre halbgekaute Semmel, Rotz und Tränen auf meiner Hose landen. Und wo Sophie ist, weiß ich immer noch nicht. Eine Liedzeile kommt ganz unverhofft in meinen Kopf, saugt sich fest wie ein Blutegel: „Es könnte so einfach sein – is es aber nich…“

Zitat

Vage erinnert sich mein 19-jähriges an mein 14-jähriges Ich und möchte es gerne ohrfeigen.

Was hat sich dieses junge, unsichere und blauäugige Ding nur dabei gedacht, als der Weg zur Kindergärtnerin eingeschlagen wurde?! Der Ausbildung sei zugutegehalten, dass es viele Praxiserfahrungen gab – wie es sich aber tatsächlich anfühlt, die Verantwortung für einen Kindergarten- oder, wie in meinem Fall, eine Krabbelgruppe zu übernehmen, das erfährt man erst, wenn es wirklich soweit ist. „Arbeit ist Arbeit ist Arbeit bleibt Arbeit.“ Mit solcherart „hilfreichen“ Sätzen überstand ich so die Durchhänger in meiner fast fünfjährigen Zeit als Kindergartenpädagogin.

Was ist der Traumberuf und wieviel Unlust muss man im Arbeitsleben ertragen?

Eine Auseinandersetzung mit Fragen dieser Art mag im ersten Moment philosophisch (=müßig) anmuten – mir hat es aber viel gebracht. Erst durch einen durchgängig genossenen Arbeitsalltag von, ich würde sagen mindestens einem Jahr, kann eine Analyse, ob der Beruf wirklich so traumhaft ist, wie er in den stillen Kämmerlein-Stunden ausgemalt wurde, stattfinden. Die zu berücksichtigen Parameter sind dann immer noch: Tagesverfassung, Stimmung dem Leben gegenüber generell, konsumierte Sonnenstunden,… aber auch wie lange die Unlust der Arbeit gegenüber schon andauert und ob sich der Widerstand steigert.

Gedanken wie „wenn ich jetzt ganz ungeschickt die Treppe hinunterlaufe und mir vielleicht den Fuß breche, kann ich eventuell sechs Wochen in Krankenstand gehen…?“, sollten aus meiner Sicht als sicheres Indiz dafür gewertet werden, dass der Beruf vielleicht nicht der richtige ist. Allerdings wäre das auch wieder äußerst einfach gedacht und wahrscheinlich zu kurz gegriffen, da ja an der Unlust auch die Arbeitsstelle und nicht der Beruf an sich schuld sein kann. Gerade das Auseinanderdröseln dieser beiden Fakten kann die größte Schwierigkeit darstellen.

Was hat mir geholfen?

Ein genaues Hinterfragen und sozusagen eine Selbstanalyse meiner Situation. Fragen wie: „Was stört mich? Wann am meisten? Wie könnte es besser werden? Wenn ich mit Freunden über mich und meinen Beruf spreche, was sagen sie?“, waren dabei recht hilfreich. Auch Willi war mein hilfreicher Begleiter bei der Suche nach dem richtigen Beruf. Was willi von meinem Beruf? Bringt er das jetzt schon mit sich oder gibt es Alternativen? Fragen über Fragen! Finden sich aber Antworten auf zumindest ein paar dieser, kann das doch recht hilfreich sein.

In diesem Sinne – bleibt beweglich und so bildungswild wie es geht! Es lohnt sich.

P.S.: Sophie ist wieder aufgetaucht. Sie hat in der Kuschelhöhle der Gruppe probiert, wieviel Bügelperlen in ein Nasenloch passen.

P.P.S.: An manchen Tagen in der jetzigen Arbeit, sehnt sich das Sozialarbeiterinnenherz zurück in den Kindergarten…

CC BY

Dieser Text ist unter CC BY 4.0 International lizenziert.

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von Stefanie Ehrschwendtner

Autorin

Stefanie Ehrschwendtner

Bildungsverrückt, lebensbeglückt, von Manchem entzückt. Regt sich aber auch gerne auf und träumt sich in die Ferne. Mag ihre Arbeit als Sozialarbeiterin und Sommer und Bücher Bücher Bücher.

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aktualisiert: Juni 2024

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Bildungsinfo aktuell

InfoboxVerkürzte Lehre für Maturant:innen

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Eine Lehre nach der Matura hat so manche Vorteile. Der wohl wichtigste ist die Verkürzung der Lehrzeit um ein Jahr. Wobei das nur bei Lehrausbildungen, die länger als zwei Jahre dauern, möglich ist. Zudem werden oft Fächer, die bereits mit der Reifen-und Diplomprüfung abgelegt wurden in der Berufsschule angerechnet und/oder sogar als Ersatz der gesamten Lehrzeit angesehen. 

Für ganz Österreich gilt: Die Verkürzung findet so statt, dass sich die jeweiligen Lehrjahre reduzieren:

  • Bei Verkürzung von dreijährigen Lehrberufen ist das pro Lehrjahr ein Drittel: Statt 12 Monaten dauert jedes Lehrjahr nur 8 Monate.
  • Bei vierjährigen Lehrberufen werden die ersten beiden Lehrjahre ebenfalls auf 8 Monate verkürzt, die letzten beiden auf 10 Monate (8-8-10-10 Monate). 
  • Bei 3,5-jährigen Lehrberufen bleibt das letzte Halbjahr unverändert (8-8-8-6 Monate).

Lehrlingseinkommen bei verkürzter Lehrzeit

Bei einer verkürzter Lehrzeit gibt es Sonderregelungen: Diese können sich aus dem jeweiligen Kollektivvertrag oder aus Vorgaben eines Fördermodells ergeben.

Als Grundregel bei verkürzter Lehrzeit gilt, dass sich das Lehrlingseinkommen an die Verkürzung der Lehrjahre anpasst:

  • Bei dreijährigen Lehrberufen gibt es daher für die ersten 8 Monate das Einkommen des 1. Lehrjahres, für die zweiten 8 Monate den Betrag für das zweite Lehrjahr und für die letzten 8 Monate gilt der Lohn des dritten Lehrjahres.
  • Oft wird bereits im ersten Lehrjahr das Einkommen für das zweite Lehrjahr bezahlt.
  • Für über-18-jährige Lehrlinge ist in manchen Kollektivverträgen ein erhöhtes Lehrlingseinkommen verpflichtend vorgesehen. Auch aus Förderrichtlinien kann sich ein höherer Betrag ergeben.

Weiterführende Links:

Berufsschule bei verkürzter Lehrzeit
Die Umsetzung der verkürzten Lehrzeit in der Berufsschule hängt vom jeweiligen Lehrberuf ab: In einigen Lehrberufen gibt es bereits eigene Klassen für Lehrlinge mit verkürzter Lehrzeit, die auf die abweichende Dauer der einzelnen Lehrjahre abgestimmt sind.

Dies ist derzeit in Wien in folgenden Berufen der Fall: Bürokaufmann/frau, Reisebüroassistent:in & Konditor:in.

In Lehrberufen, wo es keine eigenen Klassen gibt, muss die Abwicklung mit der jeweiligen Berufsschule besprochen werden. Im Regelfall können Maturant:innen eine Schulstufe der Berufsschule überspringen, sodass sich der Abschluss der Berufsschule in der verkürzten Lehrzeit ausgeht. Zusätzlich können Maturant:innen auf Antrag von einzelnen Fächern befreit werden, wenn sie bereits entsprechende Vorkenntnisse haben und diese nachweisen.

Welche Regelungen für Maturant:innen in welchen Lehrberufen genau gelten, ist je nach Bundesland etwas unterschiedlich. Zusätzlich gibt es in einigen Lehrberufen eigene Regelungen auf Kollektivvertragsbasis. Generell können die Konditionen zwischen Lehrherren/Lehrherrin und Lehrling künftig direkt vereinbart werden.

Hierbei gilt es zu beachten: Die Verkürzung ist nicht verpflichtend, es kann auch die normale Lehrzeit vereinbart werden.

TIPP: Ein Besuch bei der Bildungsberatung kann dir helfen, die genauen Voraussetzungen für dein Bundesland schnell und einfach zu finden.

Zuletzt aktualisiert am 3.7.2024 von BiBer Bildungsberatung