Qualifizierung für langzeitarbeitslose Frauen in Salzburg

Arbeiten in Produktion, Gastronomie, bei der Post oder im kreativen Handwerk

Je nach Interesse, Vorerfahrung und Kompetenz sind rund 50 Frauen in den insgesamt 5 Betrieben bei frauenanderskompetent tätig. In der Werkstatt für Produktion und Fertigung wird geklebt, gefalzt, kommissioniert, verpackt und versendet. Gastronomie-Interessierten bietet sich die Möglichkeit in den zwei Gastro-Betrieben Schmaus&Browse und im Bauchladen zu arbeiten. Hier kann man sich als Küchenhilfskraft qualifizieren und Erfahrungen an der Kassa, der Lebensmittelverarbeitung und im Verkauf sammeln. Kreative Handwerkerinnen können sich in der Möbel-Upcycling-Werkstatt FunkelNagel austoben. Und zu guter Letzt gibt es noch die Post in Anthering. die postlerin- Postpartner und Geschenkeshop befindet sich im Dorfzentrum der Flachgauer Gemeinde. In diesen Betrieben werden die Frauen von qualifizierten Fachbetreuer:innen und Sozialarbeiter:innen begleitet und unterstützt. Das Ziel dieses Qualifizierungsprojektes ist der Einstieg in die Arbeitswelt. Jobcoaching, Bewerbungstrainings, Jobvermittlung an geeignete Firmen, Hygiene- und Allergenschulungen, Kassa- und sogar Kaffeeschulungen sind Teil des Angebots. Vermittelt werden die Frauen vom Arbeitsmarktservice Salzburg (AMS Salzburg). Gefördert wird frauenanderskompetent vom AMS Salzburg und dem Land Salzburg.

Was macht frauenanderskompetent anders?

Wenn ich nur an ein paar Schräubchen drehe, habe ich zufriedenere Mitarbeiterinnen.

Die internen Arbeitsstrukturen würden sich mitunter auch den Mitarbeiter:innen anpassen, so Susanne Erhart.  Mit dem Ergebnis von loyalen und zufriedenen Mitarbeiterinnen, die ihre Arbeit gut machen würden. Sie ist davon überzeugt, dass so die Integration in den Arbeitsmarkt funktionieren kann und die Unternehmen wieder motivierte Arbeitnehmer:innen finden.

Die arbeitswilligen Menschen sind da. Aber es gibt auch viele, die sagen: unter diesen Bedingungen kann ich dort nicht arbeiten.

Jobcoaches von frauenanderskompetent würden nicht selten Unternehmen darauf aufmerksam machen, die Jobs an die jeweiligen Bedürfnisse der Arbeitssuchenden anzupassen. Dies führe zu erfolgreichen Vermittlungen in den freien Arbeitsmarkt.

Es braucht ein bedarfsorientiertes Problemmanagement in den Unternehmen

Es gibt bei uns Frauen, die nicht länger als 3 Stunden sitzen können. Wenn ich das weiß, kann ich den Arbeitsplatz und die Tätigkeiten dementsprechend anpassen.

Für ein effektives Problemmanagement in Unternehmen ist es erforderlich, dass Arbeitgeber:innen aktiv zuhören, um die Bedürfnisse der Arbeitnehmer:innen zu verstehen und in Folge bereit sind, die Rahmenbedingungen dementsprechend anzupassen.

Stichwort Arbeitszeitflexibilität: viele Frauen würden nach der Qualifizierung bei frauenanderskompetent einen Arbeitsplatz in der Produktion anstreben. Allerdings sind die Arbeitszeiten vieler Unternehmen oft nicht mit den Kinderbetreuungszeiten vereinbar. Zusätzlich erschwert die Lage vieler Produktionsbetriebe außerhalb der Stadt die Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Eine mögliche Lösung wäre, so Susanne Erhart, die Anpassung der Arbeitszeit sowie die Einführung eines Busshuttles, der die Frauen zu den Produktionsstätten bringt und sie wieder nach Hause bringt.

Welche Frauen arbeiten bei frauenanderskompetent?

Momentan arbeiten bei uns Frauen, die durchschnittlich 6 Jahre arbeitslos sind.

Bei frauenanderskompetent arbeiten Frauen, die langzeitarbeitslos sind, also seit mindestens 12 Monaten in keinem Arbeitsverhältnis und seitdem nicht vermittelbar sind. Das sind Frauen, die z.B. lange Zeit mit Pflege und Betreuung in der Familie beschäftigt waren. Oder sie hatten eine körperliche oder psychische Erkrankung. Auch das Alter spielt eine Rolle. Bei frauenanderskompetent arbeiten mitunter auch Frauen mit einer großartigen und stabilen Arbeitsbiografie. Nach dem Konkurs der Firma, würden viele Frauen über 50 oftmals keinen Job mehr finden.

Während der achtwöchigen Vorbereitungsphase (Clearingphase) wird geschaut, ob man zusammenpasst und ob die vom AMS vermittelte Frau bei frauenanderskompetent arbeiten möchte und die Voraussetzungen erfüllt. Ausreichende Deutschkenntnisse und eine Vermittlungschance für den Arbeitsmarkt müssen gegeben sein. Sind die Kriterien erfüllt, wird die Arbeitssuchende in ein reguläres Dienstverhältnis für maximal 12 Monate aufgenommen.

Lehrabschluss im Rahmen von „Du kannst was!“

Innerhalb dieser 12 Monate ist es durch die Kooperation mit der Arbeiterkammer Salzburg und dem BFI im Rahmen des Projektes „Du kannst was!“ möglich eine Lehre als Einzelhandelskauffrau, Köchin und in Zukunft auch als Bürokauffrau bei frauenanderskompetent zu machen. Hat etwa eine Frau ohne abgeschlossener Ausbildung bereits an der Kassa im Einzelhandel gearbeitet, kann sie, aufgrund der Vordienstzeiten, mit intensiver Unterstützung durch Fachbetreuer:innen und Jobcoaches eine Lehre als Einzelhandelskauffrau abschließen. Die Option der Verlängerung über die 12 Monate für die Lehrabschlussprüfung plus einer Jobvermittlung ist in solchen Fällen durchaus gegeben.

Funkelnagel – Möbel Upcycling als persönlicher Entwicklungsprozess

Und dann stehen sie in der Arbeitskluft an den schweren Maschinen, die Hände angemalt, voller Farbflecken. Das ist richtig spannend, was das mit der Selbstfähigkeit macht, wenn sie erfahren, dass sie das können und sich selbst helfen können, wenn es etwas kaputt ist.

funkelnagel ist weit mehr als nur eine Werkstatt. Ein ergotherapeutischer Ansatz war ein integraler Bestandteil von Susannes Konzept, und es hat sich als äußerst erfolgreich erwiesen.

Die Upcycling-Werkstatt von frauenanderskompetent verkörpert die metaphorische Idee, ein Möbelstück wieder zum Leben zu erwecken, das von niemandem mehr gewollt wird.

Susanne Erhart erklärt:

„Man betrachtet das Stück, überlegt, was daraus gemacht werden kann. Dann arbeitet man daran, stellt es auf und denkt "Wow!". Irgendwann kommen Menschen, die es erwerben möchten. Und das Schöne ist: genau diese Erfahrung beschreiben die Frauen auch. Wenn sie sich mit einem Möbelstück auseinandersetzen, lernen sie diesen Prozess an sich selbst zu erkennen. Es geht darum, dass sie vielleicht viele Bewerbungen geschrieben haben, aber niemand sie einstellen wollte, bis hin zum Erlernen von handwerklichen Fähigkeiten. Durch die regelmäßige Arbeit im Upcycling lernen sie, sich neu zu formen. So sagte eine Frau zu mir, während sie ein Möbelstück abklebte:

"Wenn ich nicht richtig abklebe, läuft die Farbe dorthin, wo sie nicht hinsoll. Ich möchte nicht, dass die Farbe dort hinläuft, also muss ich sorgfältig abkleben. Das ist wie im Leben, wenn ich Grenzen setzen muss. Wenn ich die Grenzen nicht richtig setze, dann fließt alles darüber hinaus.“

Hier kommt ihr zur Webseite von frauenanderskompetent

Unter Gewusst-wie findet ihr weiterführende Informationen und Kontakte zu den Themen Qualifizierung und Unterstützung für Wege aus der Arbeitslosigkeit.